Süddeutsche Zeitung

Szene-Kolumne:Krieg der Scherben

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"Fahrradstadt München" - soll das ein Witz sein? An Wochenendtagen sieht es in den Straßen so aus, als hätte die ganze Stadt in der Nacht zuvor Polterabend gefeiert. Für Fahrradfahrer: ein prächtiger Hindernisparcours.

Florian Fuchs

Sie sind sich etwas uneinig in der "Fahrradstadt Münster" (Eigenwerbung), klar ist nur: Es ist einiges zusammengekommen. Sieben Tonnen Scherben - eifrige Nörgler klagen gar über zehn - lagen nach dem Rosenmontagszug in den Straßen der Fahrradstadt, und was das für die Fahrradfahrer zu bedeuten hatte, muss hier nicht näher erörtert werden. Wie die Stadtverwaltung das Scherbenproblem lösen will, das allerdings ist bemerkenswert: In Münster ist inzwischen das Star-Waste-Team im Einsatz. Die Mission "Krieg den Scherben" soll den Menschen Manieren beibringen.

Jetzt müssen in der "Fahrradstadt München" (Eigenwerbung) nicht unbedingt gleich Jedi-Ritter mit einem Licht-Müllgreifer durch die Müllerstraße laufen, obwohl die Reinigungstrupps intergalaktischer Hilfe wohl nicht abgeneigt wären. "Manieren für die Münchner", das allerdings wäre eine Mission, die auch in dieser Stadt angebracht wäre.

Zwar ist hier Karneval respektive Fasching so unbeliebt, dass nach dem Rosenmontag höchstens vereinzelt ein paar wasserstoffblonde Perücken mehr als sonst auf dem Weg liegen - und die sind kein Problem für Gummireifen und Schuhsohlen. Gerade an den Morgenstunden von Wochenendtagen aber sieht es in den Straßen auch ohne verordnete Narrenlaune so aus, als hätte die ganze Stadt in der Nacht zuvor Polterabend gefeiert. Grüne Scherben, braune Scherben, weiße Scherben, bevorzugt von Bier-, Wein- und Schnapsflaschen: Die Straßen sind in diesen Stunden immer ein prächtiger Hindernisparcours.

Das ist nicht schön, und es braucht auch keiner mit "Scherben bringen Glück" kommen. Historisch rührt der Spruch von dem Lärm her, der beim Splittern von Glasscherben entsteht und der böse Geister vertreiben sollte. Geht es danach, dürfte München nachts von allen bösen Geistern verlassen sein. Die Scherben am Morgen hat dann allerdings der Teufel gesehen.

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Quelle:
SZ vom 26.04.2012
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