Süddeutsche Zeitung

Südring:Der Schrecken des Südens

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Der Protest gegen den Autobahn-Ringschluss nimmt zu: Gegner sehen das Landschaftsschutzgebiet Isartal und den Forstenrieder Park durch das Projekt gefährdet.

J. Wolfram

Der Schrecken vieler Menschen im Süden von München hat klare Konturen. Er ist etwa 15 Kilometer lang, würde oberirdisch oder als Tunnel gebaut und das Landschaftsschutzgebiet Isartal sowie den Forstenrieder Park durchschneiden. Vor 70 Jahren erstmals ins Gespräch gebracht, hat der Autobahn-Ringschluss im Münchner Süden immer wieder für Aufregung gesorgt.

Mal stand er im Bundesverkehrswegeplan, mal nicht. 2004 wurde das Projekt von Rot-Grün aus dem entscheidenden Bundesfernstraßenausbaugesetz gestrichen. Dann war es die bayerische Staatsregierung, die unter dem Beifall des ADAC, der Industrie- und Handelskammer sowie mehrerer Regionalpolitiker die Wiederaufnahme betrieb. Zur Zeit läuft eine "ergebnisoffene" Machbarkeitsstudie; sie soll im Spätherbst abgeschlossen sein.

Wöchentliche Unmutsäußerungen

So lange will die aufgeschreckte Bevölkerung im Isartal, in Münchens südlichen Stadtvierteln und im Würmtal mit Protesten gegen das Vorhaben offenkundig nicht mehr warten. Unter Führung von Bürgerinitiativen wie den Freunden des Forstenrieder Parks und den Vereinigten Bürgerinitiativen Südlicher Erholungsraum München, unterstützt zudem von einzelnen Landtags- und Bundestagsabgeordneten, bringen die Bürger ihren Unmut fast wöchentlich mit Demonstrationen und Resolutionen zum Ausdruck.

Die bisher größte Anti-Südring-Kundgebung fand am vergangenen Samstag auf der Grünwalder Brücke statt: Nach einer Radl-Sternfahrt versammelten sich dort im strömenden Regen nach Polizeischätzung 700 Projektgegner (die Veranstalter sprechen von etwa 1000). Der Grünwalder Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) forderte "Menschenschutz", der Bundestagsabgeordnete Toni Hofreiter (Grüne) warnte vor Geldverschwendung und der "Zerstörung eines der schönsten Naturräume". Aus dem Südring-freundlichen ADAC auszutreten legte Manfred Siering vom Bund Naturschutz den Demonstranten nahe.

Postkartenkampagne und Benefizkonzert

Am Montag legte die überparteiliche Ablehnungsphalanx nach. Bei einem Treffen in Baierbrunn kündigte sie weitere Aktionen wie eine Postkarten-Kampagne oder ein Benefizkonzert an. Der Vorstandssprecher der Freunde des Forstenrieder Parks, Horst-Joachim Krause, rechnete vor, was eine Südring-Trasse (acht werden noch untersucht) allein im Park anrichten würde: "Lärmdämmung, Frischluftzufuhr, Trinkwasserschutz, Jagd und Waldverjüngung könnten sie in dem multifunktionalen Naherholungsgebiet vergessen, denn es würden mindestens 120000 Bäume gefällt."

Die Stadt München sowie die Gemeinden Pullach und Baierbrunn unterhalten im Forstenrieder Park Einrichtungen zur Trinkwasserversorgung und hegen schon deshalb Bedenken gegen den Südring. Heimatpfleger sehen darüber hinaus Kulturdenkmäler gefährdet. 14 Bürgermeister aus dem Süden und Südwesten Münchens haben unlängst eine Erklärung unterschrieben, in der auch sie den Südring klar ablehnen.

Zum einen, weil er einen Naturraum "in unverantwortlicher Weise" zerstören, zum anderen, weil er den Siedlungsdruck erhöhen und "sinnvolle, zeitnahe regionale Konzepte zur Bewältigung der Verkehrsbelastungen" behindern würde. Merklich zugenommen haben die kritischen Stimmen, seit ein Zwischenbericht zur Machbarkeitsstudie belegt, dass die Verkehrsentlastung des Münchner Nordostens durch den Südring marginal wäre - zuvor ein Hauptargument der Befürworter.

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Quelle:
SZ vom 28.07.2009
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