Süddeutsche Zeitung

Streit im Rathaus:"Wir arbeiten nicht aus Liebe zusammen, sondern aus Vernunft"

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Nach der geplatzten Referentenwahl bemühen sich SPD und CSU um Schadensbegrenzung. Doch die Stimmung bleibt immer noch "gereizt und genervt".

Von Heiner Effern, München

Die Fraktionen von SPD und CSU sind nach Tagen des Streits und der Aufregung über die geplatzten Referentenwahlen bemüht, die Stimmung im Regierungsbündnis zu beruhigen. Ein Bruch sei trotz allen Ärgers kein Thema, heißt es von CSU-Stadträten. "Keiner sagt: Jetzt ist aber Schluss", sagt Fraktionsvize Michael Kuffer.

Aber er stellt auch klar, dass seine Partei noch immer "gereizt und genervt" von ihrem Partner ist. Die SPD will die Aufgeregtheiten ohnehin nicht so hoch hängen. "Wir arbeiten nicht aus Liebe zusammen, sondern aus Vernunft", sagt Fraktionsvize Hans Dieter Kaplan. Da Stadträte mit dieser Gabe grundsätzlich ausgestattet sein sollten, werde man hoffentlich "normal weiterarbeiten können".

Die für Mittwoch geplante Wahl von sechs Stadtministern war am Abend davor überraschend verschoben worden. Da im Sozialreferat möglicherweise Millionen Euro wegen versäumter Abrechnungen in der Flüchtlingshilfe fehlen, weigerte sich die CSU, die verantwortliche Referentin Brigitte Meier wiederzuwählen. Daraufhin einigten sich CSU und SPD in einer Krisensitzung, alle sechs Abstimmungen zu verschieben. Wie dieser Beschluss zustande kam, darüber herrscht Streit.

Warum die Wahl von Meier verschoben wurde

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagt, er habe das so entschieden, weil er vor einer Wahl Klarheit über die Probleme und mögliche Verluste im Sozialreferat schaffen wolle. Die CSU sagt, sie habe den OB zu dieser Entscheidung zwingen und als Kompromiss die Verschiebung aller Wahlen hinnehmen müssen. Die SPD hätte gedroht, sonst ihren Kandidaten für den Posten des Personalreferenten, Alexander Dietrich, durchfallen zu lassen.

Diese Verknüpfung von Meiers Problemen mit der Wahl ihres Stadtrats erzürnt die CSU nach wie vor. "Das werden wir ein zweites Mal nicht hinnehmen", sagt Fraktionsvize Kuffer. Dietrich selbst empfindet die Vorgehensweise als "unfreundlich", nach dem ersten Ärger hoffe er aber, dass sich die Lage beruhigen werde. So dramatisch, wie es klingt, werde der Schaden nicht sein. In den Ausschüssen laufe die Zusammenarbeit mit der SPD bisher "sehr sachlich".

Allerdings dürften solche Kommunikationspannen wie bei den Problemen des Sozialreferats nicht mehr vorkommen. Oberbürgermeister Reiter hatte durch einen Zwischenbericht des Revisionsamtes bereits seit Ende Dezember Bescheid gewusst, die CSU und die anderen Fraktionen aber erst zwei Tage vor der Referentenwahl darüber unterrichten lassen. "So etwas ist klimavergiftend", sagt Dietrich.

Mancher Stadtratskollege von der SPD kann den Ärger der CSU wenigstens in Teilen nachvollziehen. "Es mag sein, dass mancher das als überfallmäßig empfunden hat", sagt Kaplan. "Das hätte man besser machen können." Beatrix Zurek, deren Wahl zur Bildungsreferentin ebenfalls verschoben wurde, sieht das nicht so eng. Sie sitzt seit Jahren dem Rechnungsprüfungsausschuss vor, ein Zwischenbericht hat ihrer Einschätzung nach kaum Aussagekraft. "Der ist schon zu dem Zeitpunkt veraltet, an dem er fertiggestellt wird." Die Probleme im Sozialreferat seien schon bekannt gewesen. Der Informationsfluss funktioniere, auch wenn er nicht immer ideal sei. Der Alltag in einem politischen Bündnis sei eben so: "Mal knirscht es. Mal nicht."

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SZ vom 29.01.2016
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