Süddeutsche Zeitung

Strafprozess:BMW-Mitarbeiter diffamiert türkischen Kollegen

Lesezeit: 1 min

Von Christian Rost

Ein BMW-Mitarbeiter soll mit falschen Verdächtigungen türkische Kollegen in die Nähe von Terroristen gerückt haben. Am Dienstag begann am Amtsgericht der Prozess gegen den 46-Jährigen, der von dem Autokonzern nach Bekanntwerden der Vorwürfe entlassen worden ist. Der Angeklagte stritt die ihm zur Last gelegten Taten vehement ab und sprach von einer Verschwörung: Belastende Beweise seien ihm untergeschoben worden, sagte der zur Tatzeit in der Produktion beschäftigte Mann.

Die BMW Group erstattete im Februar 2013 Anzeige gegen Unbekannt, nachdem eine Gruppenleiterin, ein Betriebsrat und ein Fertigungsmeister folgende SMS erhalten hatten: "Sie wissen schon, dass Sie mit Herrn B. ( Name der Redaktion bekannt) ein aktives Al-Qaida-Mitglied eingestellt haben." In weiteren SMS und E-Mails erhob der Absender noch gegen zwei weitere Mitarbeiter, die bei BMW am Band arbeiten, diesen Vorwurf und drohte, seine Behauptungen öffentlich zu machen.

Wie die Diffamierungen abliefen

Die Polizei überprüfte die Vorwürfe und kam zu dem Ergebnis, dass es sich um Diffamierungen türkischer Mitarbeiter bei BMW handelte. Ein Betroffener war in der Folge noch weiteren Schikanen ausgesetzt: Ein Unbekannter bestellte in seinem Namen bei Amazon 26 Sexspielzeuge. Zudem wurde im Namen des Opfers ein Facebook-Account eingerichtet, der zu schwulen Sex-Partys einlud. Zur Kontaktaufnahme wurde eine Firmenadresse von BMW angegeben. Der betroffene Mann war schließlich "völlig fertig, hilflos und verzweifelt".

Die Polizei kam dem Täter zunächst nicht auf die Spur. Dieser hatte ein nicht rückverfolgbares Prepaid-Handy benutzt und die E-Mails von einem Internetcafé im Stachus-Untergeschoss verschickt. Bei Befragungen von BMW-Mitarbeitern ergab sich dann aber ein Tatverdacht gegen den Angeklagten: Er habe sich seit einiger Zeit von den Kollegen abgesondert und seltsam verhalten, so ein Zeuge. "Eine Vielzahl von Mitarbeitern äußerte den Verdacht, dass der Angeklagte hinter den Taten stecken könnte", berichtete ein Polizist.

Im privaten Handy des 46-Jährigen wurden schließlich Passwörter für die Internetseiten entdeckt, die bei den Taten genutzt worden waren. Der Angeklagte meinte dazu, diese habe man ihm untergeschoben. Über ein mögliches Tatmotiv wurde nichts bekannt. Bei Richter Thomas Müller kam insbesondere nicht gut an, dass der Angeklagte vor Prozessbeginn zwei Zeugen beeinflussen wollte.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2015
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