Süddeutsche Zeitung

Theater:Am Ende sind alle einsam

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Die Stücke "Stille Nachbarn" und "Begehren" beim Marstalljahresplan des Residenztheaters zeigen düstere Realitäten rund um die menschliche Einsamkeit.

Von Christiane Lutz

Der Marstallplan des Residenztheaters ist in den vergangenen Jahren zu einem richtigen Theater-Ereignis geworden. Junge Regisseure inszenierten meist junge Stoffe in kurzer Zeit, das Ganze floß in einem Wochenende mit vier Premieren im Sommer zusammen. In dieser letzten Spielzeit Martin Kušejs ist einiges anders, deshalb gibt es den "Marstalljahresplan". Das Prinzip ist ähnlich, nur werden die Produktionen je im Doppelpack auf verschiedene Wochenenden verteilt gezeigt. Nun ist wieder Marstall-Wochenende. Am Freitag, 25. Januar, ist die Uraufführung "Stille Nachbarn" zu sehen, tags darauf, am 26. Januar, die Premiere "Begehren".

"Stille Nachbarn" ist ein Text von Azar Mortazavi. Sie hat am Residenztheater zuletzt an der Dokutheater-Produktion "Urteile" mit gearbeitet, die sich mit dem NSU auseinander setzte. Wie es auch im Sinne des Nachwuchsförderung des Marstallplans ist, hielt das Theater den Kontakt zur Autorin. In "Stille Nachbarn" kreist die Autorin um die Einsamkeit und Vereinzelung des Menschen. Sie lässt das Stück in einem Mietshaus spielen, vier Personen treffen aufeinander: die demenzkranke Charlotte (Barbara Melzl), ihre Tochter Isabelle (Katrin Röver) und das Paar Leyla (Esther Schwartz) und Ibrahim (Bijan Zamani). Über Dialoge und Monologe führt Mortazavi die Figuren zusammen und wieder auseinander, der Kampf jedes Einzelnen wird sichtbar. Charlotte kommt mit der Demenz nicht klar, ihre Tochter Isabelle erst recht nicht. Leyla wünscht sich ein bürgerliches Leben und ein Kind, ihr Freund Ibrahim fühlt sich als Mann mit Migrationshintergrund stets beäugt und sorgt sich, diese Unsicherheit an mögliche Nachkommen weiter zu geben. Am Ende stehen die Figuren noch einsamer da, als zuvor.

Am Samstag startet "Begehren", ein Stück des spanischen Dramatikers Josep Maria Benet i Jornet. Die Regisseurin Mirjam Loibl war schon Regieassistentin am Residenztheater und bereicherte den Marstallplan 2017 mit ihrer klaustrophobischen Produktion "Foxfinder". "Begehren" ist ein düsterer Text über ein in die Jahre gekommenes Ehepaar, das sich nicht mehr allzu viel zu sagen hat (Arthur Klemt und Hanna Scheibe). Eines Tages klingelt das Telefon, eine Unbekannte ist am anderen Ende der Leitung und ein Unbekannter steht an der Landstraße und hält die Ehefrau auf, als sie zum Einkaufen fährt. Was nach harmlosen Zufällen aussieht, bringt die Beziehung ins Wanken und nie eingelöste, lange vergessene Sehnsüchte zum Vorschein

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SZExtra vom 24.01.2019
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