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Klage gegen Umfahrung:Kritische Bohrungen

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Bau der Ortsumfahrung Weßling: Wörthsee klagt gegen Sonderplazet

Längst durchschneidet die Trasse der neuen Weßlinger Ortsumfahrung die Landschaft, aber die juristische Auseinandersetzung um das umstrittene Bauwerk ist noch nicht beendet. Die Gemeinde Wörthsee hat bekanntlich Klage eingereicht. Nicht gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 15. Februar 2010, denn der Bau der Ortsumgehung ist nicht mehr aufzuhalten. Aber gegen die Ausnahmegenehmigung des Landratsamts Starnberg geht Wörthsee weiter vor. Und da ist Rechtsanwalt Martin Neugebauer von der Münchner Kanzlei Scheider & Kollegen guter Dinge, denn die Genehmigung beinhalte "krasse inhaltliche Widersprüche" und stecke voller "handwerklicher Fehler", sagte er in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch.

Die Ausnahmegenehmigung betrifft Spülbohrungen für das Tieferlegen von Kabeln und Leitungen nördlich der S-Bahngleise im Wasserschutzgebiet der Gemeinde Wörthsee. Als fehlrhaft moniert Neugebauer etwa die Angabe der Grundstücke, auf denen diese Bohrung stattfand. Laut Landratsamt wurde sie für Flurnummer 702 erlaubt, begonnen habe sie aber auf der benachbarten Fläche 281. Widersprüche sieht der Anwalt bei den Angaben über genehmigte Bohrtiefe und Grundwasserspiegel: Wenn zehn Meter Bohrung erlaubt seien, das Grundwasser aber schon in 9,50 Meter Tiefe beginne, sei das unvereinbar mit der Richtlinie für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag). Die verbietet, dass Grundwasser angeschnitten wird. Untersagt ist zudem der "hydraulische Kurzschluss", also der Wasseraustausch zwischen übereinanderliegenden Grundwasserstockwerken. Damit könnten Verschmutzungen einer Schicht in die andere gelangen.

Ob dies den auch Tatsachen entspricht, wissen die Wörthseer nicht. Darum wurde ein eigenständiges Beweissicherungsverfahren beantragt, sagte Neugebauer. Ausschließen könne man eine Grundwasserverunreinigung nicht, die Bohröffnungen seien wochenlang offen gewesen. Sollten die Klagepunkte zutreffen und Grundwasser verschmutzt sein, wäre das ein Verstoß gegen den Planfeststellungsbeschluss und eine Verletzung der Rechte der Gemeinde Wörthsee. Denn sie sei, über die Wasser- und Abwasserbetriebe AWA-Ammersee, dafür verantwortlich, ihren Bürgern sauberes Trinkwasser zu liefern. Darum geht es Wörthsee mit der Klage: nicht den Bau der Ortsumgehung zu verhindern, sondern den besten Schutz fürs Wasserschutzgebiet herauszuholen.

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SZ vom 04.12.2015 / csn
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