Süddeutsche Zeitung

Wörthsee:Genosse und Richter

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Der Jurist Arthur Schnorfeil führt die Wörthseer SPD seit 2010. Dem Gemeinderat gehört er seit 2002 an. Es wird voraussichtlich seine letzte Wahlperiode sein.

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Es war schon eine wilde Zeit damals, in den 1970er Jahren in der Münchner SPD. Parteigranden und Jusos zofften sich, was das Zeug hielt. Der amtierende Oberbürgermeister Georg Kronawitter war die Flügelkämpfe so leid, dass er auf eine erneute Kandidatur verzichtete mit der Folge, dass Erich Kiesl 1978 für die CSU die OB-Wahl gewann und der 30-jährigen SPD-Herrschaft im Rathaus ein Ende setzte. Zeit für den damals 24-jährigen Arthur Schnorfeil, in die SPD einzutreten. Er wollte den konservativen Flügel unterstützen, nicht den Linken das Feld überlassen. Heute ist Schnorfeil SPD-Vorsitzender in Wörthsee, und wild sind die Zeiten längst nicht mehr.

17 Mitglieder hat die SPD Wörthsee aktuell. Nicht besonders viele, aber dieses Schicksal teilen die Wörthseer mit vielen anderen Ortsvereinen. Die Krux im Speckgürtel von München ist überall die gleiche: "Es fehlen die Leute aus der Arbeiterschaft und die Jungen", sagt Schnorfeil, Richter am Landgericht München I. Und die, die mit der SPD sympathisieren und sie unterstützen, wollen oft, dass das nicht publik wird. 2010 hat Schnorfeil den Ortsvorsitz von Ekkehard Bülow übernommen, erst kürzlich wurde er wiedergewählt.

Der gebürtige Münchner Schnorfeil hat in Herrsching Finanzwissenschaften und in München Jura studiert. Daher war ihm die Gemeinde Wörthsee, in die er 1995 gezogen ist, nicht fremd. 2002 wurde er in den Gemeinderat gewählt. Seitdem sitzt er dort als fachkundiger Jurist, der die Dinge immer wieder auf den Punkt bringt. "Früher wurde mehr gestritten, aber es ging immer um die Sache ", sagt er, fast ein bisschen wehmütig. Früher seien Ideen gefragt gewesen, "heute sind es Lebensumstände". Ganz deutlich sei das an den Besuchern der Gemeinderatssitzungen abzulesen. "Die Leute kommen, wenn etwas wichtig ist für sie. Wenn der Punkt abgehandelt ist, gehen sie. Die Leute wollen Infos - aber möglichst kurz und mundgerecht." Das ist halt so, veränderte Lebensumstände verlangen neue Antworten. Da ist Schnorfeil Realist.

Der einstige Städter, verheiratet und Vater eines Sohnes und einer Tochter, hat sich eingerichtet in Wörthsee. Die Nachbarn - "ein Glücksfall", die Gemeinde lebens- und liebenswert. Im Gegensatz zu anderen Kommunen - "wie im Würmtal zum Beispiel" - habe sich Wörthsee nicht so negativ verändert. Grünzüge gebe es immer noch bis in den Ort hinein, die einzelnen Ortsteile seien nach wie vor erkennbar eigenständig. Das gefällt ihm. Und dass die SPD dazu einiges beigetragen habe, auch wenn die Partei mit Christel Muggenthal erst seit gut drei Jahren eine SPD-Bürgermeisterin stellt. Das Thema Ortsentwicklung, das Leitbild für Wörthsee, das in weiten Teilen heute noch aktuell sei, seien Ideen der SPD gewesen. Das Jugendhaus ebenso. Und was die wesentlichen Änderungen in Bayern und im Bund angeht - alle irgendwie von der SPD. "Zuerst werden unsere Anträge im Landtag abgelehnt, um dann einige Monate später als CSU-Antrag genehmigt zu werden." Nicht so schlimm, meint der 61-Jährige. Ihm geht es um die Grundideen der SPD, und wenn diese von der CSU oder der CDU umgesetzt werden - auch gut. Im Gemeinderat Wörthsee ist ihm jetzt wichtig, dass das Kirchenwirt-Areal ein erfolgreiches Projekt wird. Dass die Wirtschaft bald wieder eröffnet werden kann und die Bebauung rundherum nicht zu dominant wird, damit der Dorfcharakter nicht zerstört wird.

Am Landgericht ist Schnorfeil mittlerweile in der vierten Kammer, allgemeine Strafsachen sind jetzt sein Thema. Dass der ein oder andere Wörthseer schon unter seinen "Kunden" war, hat manche Bekanntschaften am Ort etwas abkühlen lassen. Ob er noch einmal für den Gemeinderat kandidieren wolle? "Stand heute: nein." 18 Jahre seien genug. Spaß macht die Arbeit trotzdem noch. Schon allein deswegen, "weil ich als Richter immer neutral und objektiv sein muss. Im Gemeinderat kann ich sagen, was ich meine."

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SZ vom 26.07.2017
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