Süddeutsche Zeitung

Weßling:Veritabler Nachbarschaftsstreit

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Zwischen Wörthsee und Weßling werden die Töne wegen der geplanten Umfahrung und der Grundstücksfehde schriller

Von Wolfgang Prochaska, Weßling

Bislang war es ein Streit um ein Grundstück. Allmählich entwickelt sich die Fehde um das Wörthseer Areal mitten im Wald, das die Weßlinger für ihre Umfahrung brauchen, zu einem veritablen Nachbarschaftsstreit - mit bislang unabsehbaren Folgen. Denn schon in der Wörthseer Gemeinderatssitzung, in der beschlossen wurde, gegen den Bescheid des Landratsamts auf Besitzeinweisung zu klagen, hörte man ungewöhnliche Schuldzuweisungen in Richtung Weßling. Da wurde den Weßlinger vorgeworfen, sie hätten sich viel zu spät im Wörthseer Rathaus gemeldet und über einen Verkauf sei nie verhandelt worden. Bürgermeister Michael Muther zeige sich der Gemeinde Wörthsee gegenüber nicht einen Millimeter verhandlungsbereit. Moralisch sieht sich Wörthsee auch auf der richtigen Seite: Es gehe schließlich um das Trinkwasser, das "in keinerlei Hinsicht beeinträchtigt werden dürfe", wie SPD-Gemeinderat Arthur Schnorfeil meinte.

In Weßling sind die Vorwürfe nicht nur auf Unverständnis gestoßen, sondern haben auch erhebliches Kopfschütteln über den Nachbarn ausgelöst. Vor allem der Vorwurf, Weßling habe sich in Wörthsee nicht gerührt, kann der Zweite Bürgermeister von Weßling, Michael Sturm, nicht nach vollziehen: "Ich finde das sehr interessant: Sie werfen uns vor, dass wir uns Jahre lang Zeit gelassen haben." Es wäre doch an Wörthsee gelegen, so Sturm, gegen die Pläne zur Umfahrung zu klagen, wenn sie mit dem Bau der Straße nicht einverstanden seien. Dafür sei schließlich das Planfeststellungsverfahren da. Aber Wörthsee habe nicht geklagt. "Wenn ich's verschlafen habe, dann habe ich's verschlafen", kontert er die Vorwürfe aus Wörthsee.

Tatsächlich ist der Bau der Weßlinger Umfahrung nichts Neues. Seit Jahrzehnten kämpft Weßling für den Bau der Straße. Unzählige Male wurde die Trasse verändert, teilweise weil sie FFH-Gebiete tangiert hätte, teilweise auch aus Naturschutzgründen. Auch der Trinkwasserschutz, der in der Planungszeit von zehn Jahren immer strenger wurde, musste berücksichtigt werden - was die Kosten erheblich verteuerte. Der Bund Naturschutz, der gegen die Straße und den Planfeststellungsbeschluss klagte, fand bei den Richtern genau aus diesen Gründen kein Gehör. Die Straßenbaubehörde hatte all diese Punkte inklusive Trinkwasserschutz schon berücksichtigt. Zudem hat es vor zwei Jahren noch einen Bürgerentscheid in Weßling zum Bau der Umfahrung gegeben. Auch hier war eine große Mehrheit der Bürger für den Bau. "Ich weiß, sie wollen die Straße kippen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie damit durchkommen", glaubt Sturm.

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Quelle:
SZ vom 29.09.2014
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