Süddeutsche Zeitung

Tunnel:Schöner in den Untergrund

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Im Wettbewerb um die Gestaltung der B2-Tunnelportale legen sechs Architekturbüros Arbeiten vor, drei Entwürfe erhalten Preise. Doch keiner kann die Juroren und das Staatliche Bauamt Weilheim ganz überzeugen.

Von Peter Haacke, Starnberg

Der ganz große Wurf war nicht dabei, das Preisgericht zeigte sich aber trotzdem zufrieden: Mit zwei zweiten und einem dritten Platz hat eine 21-köpfige Jury den Wettbewerb zur Gestaltung der Portale, eines Notausstiegs, des Lüftungskamins am Schlossgarten sowie des Betriebsgebäudes für den B2-Tunnel entschieden. Die drei preisgekrönten Entwürfe - insgesamt hatten sich sechs Büros am Wettbewerb beteiligt - sind am vergangenen Donnerstag im Starnberger Bauausschuss vorgestellt worden. Welche der Arbeiten am Ende im Ganzen oder auch nur teilweise realisiert wird, ist allerdings völlig offen. Alle Entwürfe haben laut Stadtbaumeister Stefan Weinl "Stärken, aber auch Schwächen".

Getreu dem Motto: "Wenn unten schon ein Tunnel gebaut wird, dann soll er wenigstens oben gut aussehen", hatte der Starnberger Stadtrat noch unter Leitung der ehemaligen Bürgermeisterin Eva Pfister (vormals John) auf eine attraktive Gestaltung der sichtbaren baulichen Tunnelelemente an der Oberfläche gedrängt. Das Staatliche Bauamt Weilheim ließ sich darauf ein. Im Mai 2020 billigte der Stadtrat die Kriterien, Ende April wurde EU-weit ein Realisierungswettbewerb ausgeschrieben. Es mag der Zeitknappheit geschuldet sein, dass die Entwürfe nicht unbedingt den technisch bedingten Vorgaben des Staatlichen Bauamts entsprachen: Keiner der Wettbewerbsteilnehmer konnte das Preisgericht in Bezug auf die geforderten Kriterien voll überzeugen. "Teilweise wurden im Rahmen der Entwürfe beispielsweise Veränderungen an den geplanten Ingenieurbauwerken vorgenommen", erklärte der für den Tunnelbau verantwortliche Abteilungsleiter Raphael Zuber, "die nicht vereinbar mit dem fortgeschrittenen Baurecht sind". Und Weinl befand: "Überzeugend alle Aufgaben gelöst hat eigentlich keiner der Beiträge."

Dennoch hat der Wettbewerb laut Zuber einen wichtigen Impuls zur weiteren Bearbeitung der Gestaltungselemente am Tunnel geliefert. Alle drei preisgekrönten Entwürfe setzen auf völlig unterschiedliche Gestaltungselemente. Die Arbeit von "Obermeyer Koch+Partner Architekten" aus München, die auf dem ersten zweiten Platz mit 15000 Euro dotiert wurde, sieht im Bereich der Tunnelportale ein Metallgeflecht und ein Betriebsgebäude mit Holzlamellenstruktur vor. Besonders kreativ: Der Lüftungskamin am Schlossgarten soll - sofern technisch machbar - eine Glasummantelung erhalten. Auf dem zweiten zweiten Platz landete der Entwurf der "Lechner - Lechner Architekten GmbH" (Traunstein): Er setzt im Bereich der Portale auf Begrünung, die Zufahrtsrampen selbst werden lediglich mit dunkler Farbe abgesetzt. Das Betriebsgebäude erinnert an einen oberbayerischen Stadl, der Lüftungskamin könnte mittels eines Rankgerüsts begrünt werden. Die Jury bemängelte allerdings die exemplarische Gestaltung des Notausgangs mit Sitzgelegenheit: Diese Lösung entspräche nicht den technischen Anforderungen, hieß es. Der dritte Platz - ein mit 12 000 Euro dotierter Entwurf des britischen Büros "DKFS Architects" aus London - favorisiert eine gletscherartige Überdeckung der Portale, die formal zwar am attraktivsten wirkt, aber auch einen entscheidenden Fehler aufweist: Sie entspreche nicht der Werkplanung und sei damit nicht machbar, so die Tunnelplaner.

Das Staatliche Bauamt Weilheim will nun mit allen drei Preisträgern weitere Verhandlungen führen. Neben dem Wettbewerbsergebnis, dass bis zu 40 Prozent berücksichtigt wird, sind Honorare und Veränderungspotenzial der Entwürfe entscheidende Kriterien. Die Entscheidung über die Gestaltung der Tunnelelemente obliegt dem Bund. Die Baukosten - zuletzt war eine Summe in Höhe von 320,5 Millionen Euro genannt worden - dürften sich damit weiter erhöhen. Alle Wettbewerbsarbeiten finden sich im Internet auf der Homepage des Staatlichen Bauamts unter www.stbawm.bayern.de. Für Stadtbaumeister Weinl aber steht mit kritischem Blick auf die Entwürfe schon jetzt fest: "So wird's kaum kommen."

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SZ vom 30.11.2021
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