Süddeutsche Zeitung

Modellbau:Zugverkehr im Feuerwehrhaus

Lesezeit: 1 min

Uttings Kommandant und neuer Bürgermeister Florian Hoffmann hat seine Leidenschaft für Modelleisenbahnen entdeckt - und der ganze Ort spielt mit.

Von Armin Greune, Utting

"Mit uns nach Utting": Seit Mai kann Florian Hoffmann den Schriftzug öfter von seinem Büro aus vorbeifahren sehen. Er ist auf den Zügen der Ammerseebahn zu lesen, die stündlich direkt neben dem Uttinger Rathaus die Schranke passieren. Der Slogan hat freilich schon seit einigen Jahren nachhaltige Wirkung beim Bürgermeister und Feuerwehrkommandanten hinterlassen: "Mit uns nach Utting" weckte beim 37-Jährigen die Begeisterung für Modelleisenbahnen.

Als er entdeckte, dass der LINT (kurz für "Leichter, innovativer Nahverkehrstriebwagen") im Maßstab 1:87 ausgerechnet für seine Heimatgemeinde Reklame macht, kaufte Hoffmann seinen ersten Zug. Und weil sein damals grundschulpflichtiger Neffe nicht verstehen konnte, was man mit einer Mini-Diesellok ohne jegliches Zubehör anfangen will, kamen die ersten Gleise dazu. "Ein simpler Rundkurs", erzählt Hoffmann.

Inzwischen ist er Herr über eine ausgefeilte Anlage mit 15 Zügen - und teilt sein Hobby mit dem ganzen Dorf. Zum vierten Mal hat er im Advent mit Jürgen Kleinert im Foyer des Feuerwehrhauses an der Bahnhofstraße die Gleise ausgelegt. Durch die großen Glasflächen kann jeder zusehen, wie die vom Computer nach dem Zufallsprinzip gesteuerten Züge zwischen zwei historischen Spritzenwagen, einem Christbaum und einer orientalischen Krippe umherflitzen. Mehr noch: Per Knopfdruck von außen kann man den Schienenverkehr noch bis einschließlich Sonntag in Gang setzen. 1715 Drücker wurden bis Dienstagmittag gezählt.

Der LINT mit der Werbung für Utting war Florian Hoffmans erstes Zugmodell.

Mittlerweile ist der Bestand stark angewachsen.

Ein Bildschirm informiert das Publikum detailliert über die Züge, die gerade in Bewegung sind. Bei der Authentizität sind die beiden Feuerwehrler pingelig: Da darf etwa das Schweizer "Krokodil" nur Waggons ziehen, die auch aus den 1930er-Jahren stammen. Ihre Anlage wächst beständig: "2017 brauchten wir zwei Wochen Vorlauf, heuer fünf Monate", sagt Hoffmann. Der IT-Experte Kleinert hat die Strecke programmiert und erstmals auf rein digitale Steuerung umgestellt, was zunächst zu Pannen und sogar zu zwei Zugkollisionen führte, weil Elektronikteile im ungeheizten Foyer immer wieder ausfielen.

"Mit neuen Decodern läuft es seit einer Woche optimal", sagt Florian Hoffmann. Ein Lieblingsstück des Kommandanten ist der Löschzug für die Tunnelrettung. Schließlich ist die ganze Aktion ja auch dazu gedacht, Nachwuchs für die örtlichen, Pardon, Floriansjünger zu werben. Den Effekt könne man an den Schaufenstern ablesen, scherzt Hoffmann: Alle drei Tage müssten die Scheiben geputzt werden. Und die Spuren der platt gedrückten Nasen fänden sich in jeder Höhe.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5155752
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 23.12.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.