Süddeutsche Zeitung

Tutzing:Kustermann-Villa als Pfand

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Die Gemeinde will ihre Mittelschule für insgesamt 24,5 Millionen Euro modernisieren. Um eine Finanzierung zu bekommen, soll das denkmalgeschützte Haus am See als Sicherheit hinterlegt werden

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Gute Nachricht für die Schulfamilie der Tutzinger Mittelschule: Die stark sanierungsbedürftige Schule soll endlich umfassend hergerichtet und zukunftsweisend ausgebaut werden. Das beschloss der Gemeinderat und setzt damit einen Punkt nach bald 30 Jahren Diskussion. Die eher schlechte Nachricht: Der Bau wird auf 24,5 Millionen Euro taxiert. Auch wenn sich etwa die Hälfte mit Fördermitteln bestreiten lässt, muss die klamme Seegemeinde rund zwölf Millionen Euro aufbringen.

Um an die nötige Finanzierung zu kommen, wird Tutzing die gemeindeeigene Kustermann-Villa als Sicherheit hinterlegen. Innerhalb von vier Jahren soll der Haushalt dann soweit konsolidiert sein, dass man daran gehen kann, die veranschlagten zwölf Millionen abzustottern. Gelingt das nicht, muss die denkmalgeschützte Villa am See wohl verkauft werden. Die Rede ist eventuell von Erbpacht. Mit dem Mayer-Haus kommt schon nächste Woche eine andere denkmalgeschützte Liegenschaft der Gemeinde auf den Markt.

Die Pläne des Weilheimer Architekturbüros Bioplan für die 1974 eröffnete Mittelschule an der Greinwaldstraße kommen gut an. Um als Ganztagsschule bestehen zu können, ist eine eigene Mensa vorgesehen. Sie wird in einem eindrucksvoll auskragender Vorbau situiert. Nach Rücksprache mit dem Denkmalamt wird auch die denkmalgeschützte Alte Schule in die Sanierung einbezogen. Sie soll künftig als Verwaltungstrakt ein großes Lehrerzimmer bieten sowie Platz für Sekretariat und Bücherei.

Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) sprach im Gemeinderat von einer "schweren Geburt". Tatsächlich hatte man sich schon 2015 unter Bürgermeister Krug auf ein scheibchenweises Sanierungskonzept in drei Bauabschnitten geeinigt. Kostenschätzung damals: Sieben Millionen Euro, Fertigstellung 2021. Die Realisierung scheiterte unter anderem daran, dass man sich mit dem Architekten überworfen hatte. Um diesmal keine bösen Überraschungen zu erleben, wie sie Tutzing ja auch schon mit der Würmseehalle machen musste, soll ein Geschäftsbesorger die Fäden der Abwicklung verantwortlich in die Hand nehmen. Damit soll auch das Rathaus entlastet werden, das mit der Sanierung der Hauptstraße schon einen großen Brocken am Hals hat. Schulreferentin Verena von Jordan-Marstrander (FW) begrüßte den längst hinfälligen Startschuss. Von "heftigem Bauchweh" angesichts der nichtöffentlich beschlossenen Finanzierung sprach dagegen Thomas von Mitschke-Collande (CSU), ebenso Grünen-Gemeinderat Bernd Pfitzner - "insbesondere, weil wir uns in eine Zwangslage bringen und in drei, vier Jahren Tafelsilber verscherbeln müssen".

Ein Stück Silber will Tutzing ab Mai anbieten: das Mayer-Haus neben dem Gymnasium, ein Landhaus aus dem 19. Jahrhundert. Die letzte Erbin vermachte es der Gemeinde mit der Auflage, es 70 Jahre lang als Armenhaus zu nutzen. Das Vermächtnis erlosch 2008, seitdem steht das Haus leer und verfällt. Mindestens 750 000 Euro will Tutzing dafür erlösen. Das Geld soll dem Vernehmen nach für das ebenfalls baufällige Thomahaus verwendet werden, in dem Wohnungslose untergebracht sind.

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SZ vom 28.04.2021
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