Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Tops und Flops

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Prinz Leopold von Bayern und der Produktionschef der Firma Lodenfrey, Klaus Faust, sprechen in Aufkirchen darüber, welche Tracht zur Wiesn sie anziehend finden.

Sylvia Böhm-Haimerl

AufkirchenFür den Oktoberfestbesuch ein pinkfarbenes Mini-Dirndl mit funkelndem Strass-Totenkopf auf der Schürze, dazu ein Strumpfband mit Handy-Tasche. Und wenn der Mann nicht die richtige Wadenstärke hat, gibt es zum Lederhosen-Set mit Seppelhut gegen Aufpreis noch den "Wonderbra für die Wadln" dazu.

Wiesn und Mode, das ist so eine Sache. Es ist noch gar nicht lange her, da waren die Besucher in Tracht eher in der Minderheit, inzwischen dominieren sie das Bild. Und die Trends treiben oft seltsame Blüten. Mit diesem "Schrott" wollten weder Leopold Prinz von Bayern noch der geschäftsführende Gesellschafter von Lodenfrey, Klaus Faust, etwas zu tun haben. Prinz "Poldi" und der Lodenfrey-Produktionschef waren am Freitag zu Gast beim Unternehmerstammtisch "Bergspektiven" in Aufkirchen. Und das "Faschings-Gwand, das mit Tracht nichts zu tun hat", fand in ihren Augen keine Gnade. Als Werbeträger für die exklusive Lodenfrey-Trachtenlinie "Poldi" kam Leopold von Bayern in einem feschen, bayerisch-blauen Leinenjanker zu der Diskussionsreihe, obwohl er gerne Grün trägt, wie er verriet.

Seit nunmehr fünf Generationen (Johann Georg Frey, der 1842 eine Weberei in München eröffnet hatte, erfand den wasserabweisenden Lodenstoff) produziert das Münchener Modehaus gehobene Trachtenmode. Neben gediegener Standardtracht bietet das Unternehmen unter anderem seit zehn Jahren die exklusive Linie "Poldi" an. Namensgeber ist der ehemalige Rennfahrer Prinz Leopold von Bayern. "Wir Wittelsbacher pflegen das Brauchtum. Alle tragen ein bayerisches G'wand", erklärte er.

Darin sehe man immer chic und angezogen aus. Wie er betonte, rede er bei dieser Kollektion durchaus mit und bringe eigene Ideen ein. "Ich gebe nur die Dinge heraus, die ich selber trage. Ich versuche mehr Farbe reinzubringen", sagte er. Das werde aber von den Kunden leider nicht immer angenommen, fügte Faust hinzu. Überhaupt ist der Modemarkt ein sehr unsicheres Metier. Laut Faust gibt es genauso viele Tops wie Flops. In der Modebranche herrsche ein ständiges Kommen und Gehen. Dass sich das Modehaus Frey über Generationen halten konnte, führt Faust auf die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens mit insgesamt etwa 1000 Mitarbeitern zurück. Man habe das Erbe gleichmäßig verteilt auf 20 eigenständige Firmen, die unter dem Modelabel "Lodenfrey" laufen. Dadurch komme man sich nicht gegenseitig ins Gehege, sagte der Produktionschef.

Ein weiteres Firmenmerkmal: Im Gegensatz zu andere Modeunternehmen, die ihre Produkte über eigene Läden vertreiben, setzt der Trachtenhersteller auf den Facheinzelhandel. Laut Faust wollen seine Kunden nicht alles von einem einzigen Hersteller haben und zudem fachmännisch beraten werden.

Der Internet-Verkauf spiele daher auch nur eine untergeordnete Rolle. Der gelernte Physiker und Wirtschaftsingenieur, der aus Starnberg stammt, bezeichnete sich selbst als "nüchterner Zahlenmenschen". Sein Outfit im Lodenjanker mit Cordhose wies zumindest darauf hin, dass er es leger mag. Wie er erzählte, geht er jeden Morgen vor der Arbeit mit dem Hund spazieren und bringt die Kinder in die Schule. Zur Firma Lodenfrey sei er "wie die Jungfrau zum Kind" gekommen, nämlich aus Liebe zu einer Frey-Tochter. Zuvor war er bei BMW gewesen. Doch der Sprung sei nicht allzu große gewesen. Schnell habe er festgestellt: "Ob BMW oder Klamotten", die Produktionsprozesse seien sehr ähnlich. Am Ende fragt Christian Kalinke, der Initiator der Bergspektiven, Prinz "Poldi" noch nach der Münchener Bussi-Bussi-Gesellschaft. "Ich bin 70 Jahre alt, die Bussi-Bussi-Gesellschaft ist nicht mehr mein Terrain, da bin ich schon lange weg", antwortete der Wittelsbacher-Spross.

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SZ vom 09.09.2013
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