Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Teamgeist in Zeiten von Corona

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Mit einer Innovation will der MRSV "Bayern" den Pandemie bedingten Vorgaben trotzen: Neuartige Boote sollen Schülern wieder den Einstieg in den Rudersport ermöglichen, Landrat Stefan Frey ist Schirmherr der Patenschaftsaktion

Von Peter Haacke, Starnberg

Der Münchner Ruder- und Segelverein "Bayern" (MRSV) freut sich über Flottenzuwachs. Der 1910 gegründete Starnberger Traditionsclub erhielt am Donnerstag ein neues Boot für das Schülerrudern: eine innovative Entwicklung, die ihre Wiege am Starnberger See hat und auch im Landkreis Starnberg produziert wird. Zugleich wurde unter Schirmherrschaft von Landrat Stefan Frey eine Initiative ins Leben gerufen, die das Schülerrudern trotz der aktuellen Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie neu beleben soll: Gesucht werden Förderer und Sponsoren zur Finanzierung fünf weiterer Boote.

Rudern hat eine lange Tradition am Starnberger See. Seit 1964 profitieren die Schüler des Gymnasiums Starnberg und des Landschulheims Kempfenhausen von der Zusammenarbeit mit dem MRSV. Seit Jahrzehnten sind die Ruderer vom Starnberger See beim Bundeswettbewerb "Jugend trainiert für Olympia" Stammgäste beim Finale in Berlin, die frisch gekürte WM-Zweite im Ski-Abfahrtslauf Kira Weidle war einst mehrfach bayerische Schüler-Meisterin. Selbst Landrat Frey schwelgte beim Probesitzen in Erinnerung an seine eigene Schulzeit in den Neunzigern. Beim Schulrudersport erlebten junge Menschen hautnah die Bedeutung des Wortes "Teamgeist", wenn alle in einem Boot säßen. Doch seit einem Jahr ist alles anders: Aufgrund der Corona-Vorschriften fielen seither sämtliche Schüler-Veranstaltungen aus, der MRSV konnte auch keine Regatten wie den traditionellen "Roseninsel-Achter" oder die Ergometer-Meisterschaften veranstalten. Dementsprechend fehlen nun wichtige Einnahmen im Etat des Vereins. Zwar hat der Bayerische Landessportverband (BLSV) Mittel für notleidenden Vereine in Aussicht gestellt, doch für neue Boote erwartet der MRSV derzeit keine staatliche Förderung.

Die Verantwortlichen gehen daher nun einen anderen Weg, um dieses Jahr wieder einen zielgerichteten Ausbildungsbetrieb für Schüler aufzunehmen und Rückstände aufzuholen: Abgesehen vom ersten Boot, das die Avantgarde Technologie GmbH aus Gilching als Hersteller von Faserverbundbauteilen nun sponserte, sollen fünf weitere Einer-Ruderboote modernster Bauart angeschafft werden. Die in Kohlefaser-Leichtbautechnologie konstruierten und dachtransporttauglichen Boote sind mit einem biomechanisch optimierten Gleitausleger ausgestattet, der Anfängern den Einstieg erheblich erleichtert. Die Idee dazu hatte Bootsbaumeister Wulfram Schmucker, der in dreijähriger Arbeit unter Beratung von MRSV-Trainer Thomas Thallmair ein äußerst stabiles, nur 4,8 Meter langes Boot kreierte. Entscheidender Unterschied zu gewöhnlichen Booten: Nicht der Sitz, sondern die Ausleger sind beweglich. Mit optionalen Auftriebshilfen können auch Behinderte den Sport ausüben. "Es ist so gut wie unsinkbar", sagt Schmucker.

Das neue Sportgerät hat allerdings seinen Preis, 6500 Euro sind für ein komplettes Boot fällig. Wem eine ganzheitliche Patenschaft zu teuer ist, kann auch Teilpatenschaften übernehmen: Eine Rumpfseite kostet 2200 Euro, das Vorderdeck 1250 Euro und der Flügel für die Ausleger 980 Euro. Die jeweiligen Teile können ganz im Sinne der jeweiligen Förderer gegen Aufpreis auch optisch individuell gestaltet werden. Doch selbst kleinere Zuwendungen in Form von Spenden sind gern gesehen. Der Plan: Der neue Bootstyp soll von Mai an im MRSV, bei Sponsoren, allerlei Veranstaltungen und Messen sowie beim Wassersport-Ausrüster "Marinepool" mit Tombola präsentiert werden. Der MRSV plant zudem die Anschaffung eines neuen Wanderruderbootes fürs Mannschaftsrudern.

"Mit unserem Projekt wollen wir eine Lösung schaffen, indem wir uns für das Schülerrudern engagieren, um diese außerordentlich positive über 50-jährige Tradition nicht den Maßnahmen der Krise zu opfern", heißt es in der MRSV-Präsentation. Den Segen des Landrats, der Schulleiter Josef Parsch (Starnberg) und Elmar Beyersdörfer (Kempfenhausen) sowie der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung (Gwt) und des Unternehmerverbands im Landkreis Starnberg (UWS) hat der Verein schon.

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Quelle:
SZ vom 05.03.2021
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