Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Shoppen für den guten Zweck

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Die Stiftung "Kindness for Kids" organisiert einen Designer-Charity-Basar. Der Erlös kommt Kindern mit seltenen Krankheiten zugute

Von Kathrin Haas, Starnberg

Wenn Frauen im Landkreis Starnberg zuletzt ihre Kleiderschränke nach Marken- und Designerware durchforsteten, steckte oft mehr dahinter als pure Begeisterung für Fashion. Unter dem Motto "Für die Kleinen Großes bewegen" veranstaltet Anja Frankenberger mit ihrer Stiftung "Kindness for Kids" einen viertägigen Basar. Viele Frauen aus der Region seien dafür aktiv geworden, sagt die geschäftsführende Stiftungsvorständin. "Eine Dame hat am gesamten Ostufer Kleiderspenden eingesammelt", erzählt Frankenberger begeistert. Auch sie selbst habe rund um den Starnberger See eifrig gut erhaltene Klamotten von Privatleuten abgeholt. Die Bereitschaft, sich für einen guten Zweck von hochwertigen Sachen zu trennen, sei groß. Hinzu komme, dass einige lokale Firmen Neuware spendeten.

Der Designer-Charity-Basar findet von Mittwoch bis Samstag, 14. bis 17. Oktober, täglich von 11 bis 19 Uhr in einem leer stehenden Privathaus im Fernbergweg 1 in Starnberg statt. Die Besucher erwartet dort neben Wohndekoration sowohl gut erhaltene als auch neue Marken- und Designermode für Kinder und Erwachsene zu reduzierten Preisen.

Bis zu 14 Interessenten mit Mund-Nasen-Schutz können in den Räumen gleichzeitig stöbern. Der Verkaufserlös komme Kindern zu Gute, die an einer seltenen Erkrankung leiden.

"Alleine in Deutschland leben etwa eine Million Kinder mit einer seltenen Erkrankung", sagt Frankenberger. Als selten gilt in der Europäischen Union eine Erkrankung, wenn nicht mehr als fünf von 10 000 Menschen daran leiden - meist chronisch, selten heilbar. Da es mehr als 5000 unterschiedliche seltene Erkrankungen gibt, ist die Gesamtzahl der Betroffenen dennoch hoch.

Trotzdem fehle es an öffentlicher Wahrnehmung für das Thema. Viele Betroffene kämpfen mit Isolation, erklärt die Stiftungsvorständin. "Die erkrankten Kinder und ihre Familien stehen oft alleine da, weil in ihrem sozialen Umfeld niemand ist, der die gleichen Probleme hat." Das war ihrer Bekannten Carolin Engelhorn in deren Berufsalltag als Ärztin aufgefallen und bewegte die beiden Frauen im Jahr 2003 dazu, "Kindness for Kids" mit Sitz in Starnberg zu gründen.

Um den von einer seltenen Erkrankung geplagten Kindern die Teilnahme an Gruppenaktivitäten und deren Familien eine Auszeit zu ermöglichen, finanziert und organisiert die Stiftung Ausflüge und medizinisch betreute Feriencamps. Das Programm, das "Kindness for Kids" auf die Beine stellt, reicht vom Besuch auf dem Bauernhof bis hin zum Segeltörn auf der Ostsee.

Im vergangenen Jahr nahmen 86 Kinder am Stiftungsangebot teil - entweder mit der ganzen Familie, alleine, oder auch gemeinsam mit ihren Geschwistern. "Die nennen wir Schattenkinder, weil die oft auf der Strecke bleiben", erklärt Frankenberger.

Die Pandemie habe gerade die kranken Kinder besonders hart getroffen, "weil viele der Hochrisikogruppe angehören", so Frankenberger, die früher als Juristin und Personalberaterin arbeitete. Die Stiftung habe daher im August das erste virtuelle Camp veranstaltet: Vier Tage lang konnten die Kinder im Kreise ihrer Familien an Aktivitäten teilnehmen, beispielsweise Einhornkuchen backen, Vogelhäuschen basteln, oder einen "Beauty-Day" einlegen. Die nötigen Utensilien verschickte die Stiftung vorab in Päckchen an die Eltern der Kinder. Das nächste digitale Treffen sei für die Herbstferien geplant.

"Wir gingen ursprünglich davon aus, dass die Kinder dem irgendwann entwachsen", erinnert sich Frankenberger. Sie habe jedoch festgestellt, dass besonders ältere Schwerstbetroffene die Stiftungsmitarbeiter als Gesprächspartner schätzten und den Kontakt aufrechterhalten wollten. "Wir sind denen ein Anker." Daher werde es im nächsten Jahr erstmals ein Camp für Jugendliche und junge Erwachsene geben.

Noch in diesem Jahr sei zudem in Kooperation mit der Haunerschen Kinderklinik in München geplant, eine Hotline für Eltern von betroffenen Kindern zur medizinischen Beratung einzurichten.

Denn aus Angst, das Kind könnte sich mit Sars-CoV2 infizieren, meiden manche Eltern einen Besuch im Krankenhaus - zuweilen zulasten der Gesundheit des betroffenen Kindes.

Neben sozialen Projekten engagiert sich "Kindness for Kids" auch in der Forschung, wo es laut Frankenberger noch viel zu tun gibt. Etwa durch die Vergabe von Doktorandenstipendien fördert die Organisation Grundlagenforschung im Bereich der seltenen Erkrankungen. Die Stiftung habe in den vergangenen 17 Jahren bereits mehr als zwei Millionen Euro in Forschungszwecke sowie rund 1,5 Millionen Euro in Ausflüge und Camps investiert, an denen etwa 1500 kranke Kinder teilgenommen haben.

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Quelle:
SZ vom 13.10.2020
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