Süddeutsche Zeitung

B2-Tunnel in Starnberg:Erkenntnisse aus dem Untergrund

Lesezeit: 2 min

Mit dem Düsenstrahlverfahren testen Ingenieure des Staatlichen Bauamts Weilheim, wie die Betonsäulen für das Bauwerk im Seeton dimensioniert sein müssen.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Vorbereitungen zum Bau des Starnberger B2-Tunnels schreiten voran. Das komplexeste, aber auch umstrittenste und mit rund 200 Millionen Euro teuerste Bauwerk, das die Kreisstadt jemals gesehen hat, soll im Jahr 2026 fertiggestellt sein. Im Süden der Kreisstadt entstand am Ortsausgang zuletzt eine große Lagerfläche für den Baubetrieb, im Norden wurde mit Beginn der Sommerferien bei einem Schnellrestaurant an der Münchner Straße ein Testfeld für das Düsenstrahlverfahren - ein Verfahren zur Bodenverfestigung mittels Betonsäulen - eingerichtet. Die ersten Erkenntnisse aus dem als problematisch geltenden Untergrund stimmt die Verantwortlichen aber optimistisch.

Seeton kann für Bauherren eine tückische Masse mit bösen Überraschungen sein. Die geologische Schicht aus verfestigten Tonmineralen, die dennoch weich und unbeständig ist, verfügt nur über geringe Tragfähigkeit und hat einen hohen Wassergehalt. Die batzige, breiige Masse findet sich vor allem im Bereich des Nordufers des Starnberger Sees. In unterschiedlicher Schichtdicke liegt Seeton in acht bis 22 Meter Tiefe - und damit genau im Bereich der Baugrube für die nördliche Zufahrtsrampe des B2-Tunnels. Um die Standfestigkeit des Bauwerks zu gewährleisten, müssen Betonsäulen im Untergrund verankert werden. Durch das Düsenstrahlverfahren wollen die Ingenieure nun herausfinden, welche Dimension und welche Festigkeit die Säulen im Idealfall haben sollten.

"Es ist nicht so, dass wir vom Vorhandensein des Seetons überrascht sind", sagt Raphael Zuber, Abteilungsleiter beim Staatlichen Bauamt für den Bergmännischen Tunnelbau, "ganz im Gegenteil." Es gehe vielmehr darum, das optimale Bauverfahren einzusetzen, maximale Druckfestigkeit zu erreichen, Risiken zu minimieren und auch Kosten einzusparen. Bislang waren etwa 6000 Säulen mit je 1,50 Meter Durchmesser geplant, bei zwei Metern wären nur 4000 Säulen erforderlich.

Das Düsenstrahlverfahren gilt als bewährte Methode zur Baugrundverfestigung. Dabei wird der Seeton über ein Bohrgestänge mit Wasserdüsenstrahlern aufgeschnitten und der Boden zeitgleich mit zementhaltiger Suspension vermischt. Während die erhärtende Suspension weiterhin eingebracht und mit dem Boden vermischt wird, entsteht durch Hochziehen des Bohrgestänges eine Betonsäule mit bis zu 2,60 Metern Durchmesser. Im Testfeld werden unterschiedliche Säulen erstellt: Düsendruck, Vorschnitt, Zementgehalt und Ziehgeschwindigkeit werden verändert und die Auswirkungen beobachtet. Ein Labor untersucht die Festigkeit der jeweiligen Schöpfproben zunächst nach sieben Tagen und zwei Wochen. Kernbohrungen der im Seeton verbleibenden Zementkörper werden dann nach 28 und 56 Tagen geprüft.

Bislang habe man "sehr gute Erkenntnisse" gewonnen, sagt Daniel Bimesmeier, Ingenieurgeologe im "Team Tunnel Starnberg". Die Werte lägen im erwarteten Rahmen, überdies liege man auch im Zeitplan. Der letzte "Düs-Tag" ist am Montag, 31. August. Bis Schulbeginn wird die Baustelle abgebaut, die Rheinlandstraße ist wieder befahrbar. Die Arbeiten werden auf Höhe der Strandbadstraße mit dem Ausbau des Durchstichs zur Petersbrunner Straße fortgesetzt, die Kreuzung wird asphaltiert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5009695
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.08.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.