Süddeutsche Zeitung

Schulerweiterung:Eine Hommage an Carl Orff

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Auf der größten Baustelle in Andechs wird intensiv gearbeitet. Schon in sechs Monaten sollen Turnhalle und Kinderhaus fertig sein. Architekt Achim Füllemann ist zufrieden - und hat sich etwas ganz Besonderes ausgedacht

Von Ute Pröttel, Andechs

Die Ankerhaken für den Stufenbarren sind schon am Unterboden befestigt, ansonsten sieht es in der neuen Turnhalle noch wild aus. Gerade üben sich die Anlagenbauer darin, die Teile der Lüftungsanlage zusammenzusetzen. Es wirkt, als würden sie puzzeln. An der hinteren Querseite klaffen zwei Garagentor-große Lücken für den Geräteraum. An der einen Längsseite reihen sich auf halber Hallenhöhe runde Löcher für die Lüftungsanlage wie Bullaugen an der Wand, darunter ist der Blick zum Gang hin frei. Dort hat Architekt Achim Füllemann eine Glaswand vorgesehen, hinter der es ein paar Sitzgelegenheiten gibt. Dahinter erfolgt in den Umkleideräumen gerade der erste Anstrich der Wände, die Toilettenräume sind bereits orangefarben gefliest.

Auf der größten Baustelle in Andechs wird auch während der Osterferien mit Nachdruck gearbeitet. Vor einem Jahr kurz nach Ostern war Spatenstich für das lange diskutierte Großbauprojekt mit Turnhalle und Kinderhaus. In sechs Monaten, zu Beginn des kommenden Schuljahres, soll alles bezugsfertig sein. "Gebaut ist schnell", meint auch Bauamtsleiter Michael Kuch - im Gegensatz zu der langen Planungsphase.

Dreimal die Woche ist Architekt Achim Füllemann nun vor Ort und kümmert sich darum, dass der Zeitplan eingehalten wird. Das Projekt ist das größte Bauvorhaben, das das Gilchinger Büro derzeit realisiert. Erstmals ist Füllemann auch mit der Erstellung einer Turnhalle beauftragt. Eine Sporthalle zu bauen, sei kein Hexenwerk, meint er. Ein wenig mit Sorge beobachtet er die zunehmende Festlegung in seinem Metier. Einmal Sporthallenbauer, immer Sporthallenbauer. Einmal betreutes Wohnen, immer betreutes Wohnen. Füllemann ist eigentlich Experte für Kindergärten und Kinderhäuser. Knapp ein Dutzend hat er bereits gebaut. Aufgrund dieser Expertise erhielt er den Zuschlag für das neue Kinderhaus in Erling. Als dann der Auftrag für die Sporthalle noch dazu kam, stellte sich entspannte Freude ein, wie er es nennt. Die Gemeinde hatte sich aus Kosten- und Synergiegründen für nur einen Architekten entschieden.

"Wir liegen gut", meint Füllemann. Bis jetzt sei es überhaupt erstaunlich glatt gelaufen. Von Anfang an habe das Wetter mitgespielt. Für den Fall, dass es doch einmal stärker regnen sollte, ist nun auch vor dem Kinderhaus ein großes Retentionsbecken fertiggestellt.

Erleichtert zeigt Füllemann sich darüber, dass es trotz der boomenden Konjunktur am Bau möglich war, alle Gewerke zeitnah zu vergeben, auch wenn einige Angebote höher ausfielen als ursprünglich kalkuliert. In Summe liege man derzeit etwa 100 000 Euro über den prognostizierten Kosten. Die belaufen sich auf rund 5,6 Millionen Euro. Dafür bekommt die Gemeinde eine Einfachturnhalle und ein lichtdurchflutetes, großzügiges Kinderhaus, das offenbart bereits der Rohbau. Insgesamt sechs Kindergruppen von Krippe über Kindergarten bis Hort werden einziehen. Holz, Beton und Glas sind die vorherrschenden Materialien. Wo Wände im Inneren nicht aus Beton gegossen sind, bestehen sie aus massiven Holzbalken, die nicht verschraubt, sondern mit Holzdübeln verbunden werden. Und auch die lärmschluckenden Akkustikpaneele sind nicht vorgefertigt, sondern werden aus Holzweichfaserplatten und hellen Holzlatten vor Ort zusammengebaut und dann zwischen die Deckenbalken montiert. In einem Raum im oberen Stockwerk wurden sie bereits an zwei Stellen angebracht. Der Architekt begutachtet das Ergebnis zusammen mit einer Mitarbeiterin und gibt dann sein Okay, dass so weiter gemacht werden kann.

Auch an der Außenfassade wird gearbeitet. Die Süd- und die Westseite des Kinderhauses sind bereits mit Holz verkleidet und geben einen Eindruck davon, wie die gesamte Fassade später aussehen wird. Auffallend sind leicht schräg verlaufende Holzlatten, die die Längsverkleidung unterbrechen. Sie sind eine Reminiszenz an das klassischste der Orff'schen Instrumente, das Xylophon. Die Ensemblebildung mit der in unmittelbarer Nähe liegenden Carl-Orff-Schule war von Anfang an eine der wichtigsten Vorgaben. Im Uhrzeigersinn rücken Sporthalle und Kinderhaus dicht an die filigranen Gebäude der Grundschule heran und führen den halbrunden Pausenplatz vor der Schule fort. Die Verbindung zur Schule stellt Füllemann über ein Vordach her unter dem die Schüler in Zukunft trockenen Fußes in die neue Turnhalle gelangen.

Auf dem Weg dorthin kommen sie an einer kleinen Besonderheit vorbei: In die Fassade der Turnhalle will Füllemann Klanghölzer integrieren, ein Wandxylophon - dem Musikpädagogen Carl Orff hätte das bestimmt gefallen.

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SZ vom 25.04.2019
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