Süddeutsche Zeitung

Oldtimerfahrten im Fünfseen-Land:Eleganz auf Hochglanz

Lesezeit: 2 min

Oldtimerfans geht da das Herz auf: In der Garage von Raphael Suder stehen ein alter Ford und ein Rilex aus den 1930er Jahren - um sie für Hochzeits- und Nostalgiefahrten zu vermieten. Doch bis er sein Hobby zum Beruf machen konnte, musste er viel Zeit, Geld und Nerven investieren.

Von Manuela Warkocz, Frieding

Der Chauffeur in Seidenweste öffnet formvollendet den Schlag, man gleitet auf die weinrote Lederbank, streckt die Beine aus im geräumigen Fonds, bewundert die hölzernen Fensterrahmen und die silbernen Aschenbecher zum Herausnehmen. Höchste Eleganz auf Hochglanz verkörpert die Oldtimer-Limousine, die Raphael Suder in Frieding sein eigen nennt. Der schwarz-rote Riley Adelphi Saloon, Baujahr 1935, gehört ebenso zu seinem Nostalgie-Fuhrpark wie ein blitzblauer Ford A, Baujahr 1930. Seine Oldtimer will der 65-jährige Automobilliebhaber nicht nur zu privaten Ausfahrten kutschieren. Er bietet jetzt Hochzeitsfahrten und Nostalgie-Ausflüge durch's Fünfseen-Land an.

"Die Entschleunigung begeistert mich, die man in den alten Wagen erlebt", sagt Suder. An dieser Erfahrung will er andere teilhaben lassen. Und mit seiner Geschäftsidee natürlich auch ein bisschen was verdienen. Schließlich ist sein Hobby nicht gerade billig. Der Kaufpreis für den aus Großbritannien importierten Riley mutet mit 22 000 Euro zwar geradezu günstig an. Aber allein 6000 Euro kostete es Suder, die original 80 Jahre alten roten Lederbezüge und den Teppich in diesem Oldtimer zu restaurieren.

Bürokratischen Hürden waren schlimmer als der TÜV

Als kostspielig und aufwendig erwiesen sich auch bürokratische Hürden, die es in mehr als zwei Jahren zu nehmen galt, damit er als offizieller Fuhrunternehmer Gäste in seinen Automobilen transportieren darf. "Ich musste eine Taximietwagenunternehmerprüfung ablegen, meine Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Solidität beweisen", so Suder. Seit 1. April hat er seine Zulassung, als einziger im Landkreis für Oldtimerausfahrten.

"Der TÜV war dagegen ein Klacks." Die Oldtimer sind mit vielen Ausnahmeregelungen zugelassen. Gurte etwa müssen nicht sein. Stilecht eben. Auch wenn der Riley wegen seiner Spitzengeschwindigkeit von 72 Meilen, also 110 Kilometer, in den 30er Jahren als echtes Ganovenfluchtauto galt. Suder nennt die Limousine mit dem stolzen Adler auf der Kühlerhaube daher auch liebevoll "Eddi".

Als robust gilt der Ford, früher ein Fahrzeug für amerikanische Farmer. Suder kutschiert mit seinem "Augustin" heute schon mal den Müll zum Wertstoffhof - mit offenem Verdeck und einem klassischen Reisekoffer auf der Heckklappe. Für den Alltag stehen aber auch noch ein betagter Jaguar und ein BMW auf dem Gelände.

Ausflug mit Picknick und Doppeldeckerflug

"Früher war nicht alles besser, aber vieles hatte einfach mehr Charakter", findet Suder. Am Lenkrad des rechts gesteuerten Rileys führt er vor, wie sich mit einer Kurbel die Windschutzscheibe ausstellen lässt. "Perfekte Klimaanlage", lächelt er.

Der gewienerte Wagen bleibt freilich in der Garage, besser gesagt Vitrine. Das Gehäuse mit gläserner Schiebetür und eingelassenen Spots hat der Besitzer für seine vierrädrigen Lieblinge eigens vor sein Haus in Friedingsetzen lassen. Raus dürfen die Wagen, wenn sie gebucht werden. Nur samt Chauffeur. "Denn mit Zwischengas und anderen Schikanen sind sie nicht leicht zu steuern", betont Suder. Sogar wetterfühlig sollen "Eddi" und "Augustin" sein.

Er strebt jetzt mit Hotels, Veranstaltern und Hochzeitsagenturen Kooperationen an. Für Hochzeitspaare gibt's einen Halbstunden-Tarif für 170 Euro. Dem frisch gekürten Unternehmer schweben auch mehrstündige Nostalgie-Ausflüge samt Picknick vor oder in Verbindung mit einem Flug im Doppeldecker, den ein Herrschinger von Bad Wörishofen aus anbietet.

Suder verwirklicht sich mit den Oldtimern seinen dritten Traumberuf. 25 Jahre spielte er als Solo-Fagottist bei den Münchner Symphonikern. Dann produzierte er Dokumentarfilme. Lebensgefährtin Stephanie Gohlke teilt seine neue Leidenschaft. Wenn das Paar zu einer Ralley aufbricht, kleidet sie sich stilecht mit Blümchenkleid und Strohhut.

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Quelle:
SZ vom 13.05.2015
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