Süddeutsche Zeitung

Nahverkehr in Starnberg:Sanierungsfall Bahnhof Nord

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Bei einem Informationsabend klagen Starnberger über Müll an der Station. Die Reinigungstrupps der Bahn kommen nur dreimal pro Woche. Immerhin hat die Stadt nun die Toiletten wieder geöffnet und putzt jetzt selber.

Von David Costanzo, Starnberg

Der Weg zum Bahnhof Nord ist übersät mit Zigarettenstummeln. Die Scheiben erlauben Ausblicke nur mit Grauschleier. Die Hänge an den Gleisen gleichen einer Müllhalde, aus der Büsche und Bäume wachsen. Schimpfworte verunstalten die Wände im Toilettengang.

Eigentlich hatte die Stadt am Montagabend in die Schlossberghalle eingeladen, um über eine Umgestaltung des Vorplatzes des Bahnhofs Nord und der angrenzenden Straßen zu informieren - Drehscheibe für den Nahverkehr, mehr Geschäfte auf dem Edeka-Areal, sicherer Schulweg an der Himbselstraße. "Städtebauliches Sanierungsgebiet Bahnhof Nord" nennt sich das, außerdem hat die Stadt das Sanierungsgebiet im Zentrum erweitert.

In der Fragerunde steht einer der rund zwei Dutzend Besucher auf und sagt: "Bahnhöfe gibt's in Oberbayern viele, aber keiner ist so dreckig wie unserer." Andere pflichten bei, die Stadt habe ein besseres Aushängeschild verdient. Als Pendler sei man "hart an der Leidensgrenze". Für manche Starnberger scheint der 2001 eröffnete Bahnhof Nord der Sanierungsfall zu sein.

Die Stadt sei für den Bahnhof selbst nicht zuständig, sondern die Bahn, erklärt Bürgermeisterin Eva John. Der Konzern teile seine Stationen in Klassen ein, nach denen sich bestimme, wie oft die Reinigungstrupps anrücken. Der Münchner Hauptbahnhof sei der höchsten Kategorie zugeordnet, der Starnberger Bahnhof Nord der letzten. Selbst Tutzing sei höher eingestuft, weil dort ICEs hielten.

Die Bahn geht auf Nachfrage nicht auf die Beschwerden ein. Tatsächlich seien die Bahnhöfe in Kategorien von 1 bis 7 eingeteilt. Für die Häufigkeit und Intensität der Reinigung spielten unter anderem die Zahl der Passagiere eine Rolle und ob es sich um einen Umsteigebahnhof handelt, erklärt ein Sprecher. Der Bahnhof Nord werde dreimal wöchentlich immer montags, mittwochs und freitags grob gesäubert. Nass geputzt werde nur einmal wöchentlich, aber nicht im Winter, wegen der Glättegefahr. Dagegen statteten die Putztrupps dem Bahnhof am See und dem in Tutzing jeden Werktag einen Besuch ab, plus einmal wöchentlich feucht wischen.

Noch so ein Aufreger sind die seit Jahren geschlossenen Toiletten - wegen Vandalismus und Verschmutzung. Die sind seit Dienstag wieder geöffnet, denn die Stadt hat den Betrieb von der Bahn übernommen und putzt jetzt selber. Ein Mitarbeiter des Betriebshofs schaut regelmäßig vorbei, ähnlich wie schon seit Jahren am Bahnhof See, erklärt die Bürgermeisterin. Mitte des Jahres soll eine Fremdfirma übernehmen. Die Toiletten sind von 6.30 bis 23 Uhr geöffnet, weil nachts die Vandalismusgefahr größer sei. "Wir haben das vor Ort besser im Griff als die Bahn von München aus", sagt Eva John. Aber eigentlich hätten die Toiletten gar nicht so schlimm ausgesehen. 5000 Euro habe die Stadt investiert für eine neue Einrichtung, Trennwände und Brandmelder.

Beim Vorplatz stellt Stadtbaumeister Stephan Weinl Mängel fest. Das sei kein schöner "Stadteingang". Passagiere verlieren sich im Dickicht von einem Dutzend Buslinien und neun Haltestellen. Der Einzelhandel entspreche nicht modernen Anforderungen. Die Ideen sind dagegen vage, bislang sind nur grobe Ziele formuliert, denn der Infoabend bildet erst den Auftakt für die Sanierungsgebiete (Kasten).

Weinl kann sich etwa einen überdachten Busbahnhof vorstellen mit einer E-Bike-Station, einer E-Tankstelle und mehr Park+Ride-Plätzen. Gleichzeitig wolle der Eigentümer das Edeka-Areal umgestalten.

Wenn einmal auch die Regionalzüge am Bahnhof Nord halten sollten, könnte eine Verkehrsdrehscheibe entstehen. Dann müssten aber auch Taxis an der Station stehen, fordert ein Besucher.

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SZ vom 07.03.2018
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