Süddeutsche Zeitung

Corona:Covid-19-Patienten in allen Starnberger Kliniken

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Der Pandemiebeauftragte des Landkreises, Thomas Weiler, befürchtet "größere Welle" als im Frühjahr.

Von Carolin Fries, Starnberg

In allen vier Krankenhäusern im Landkreis werden wieder Covid-19-Patienten behandelt. Derzeit befänden sich 15 bestätigte oder Verdachtsfälle auf den Stationen, drei davon würden auf der Intensivstation beatmet, sagte der Pandemiebeauftragte des Landkreises und Starnberger Klinikchef, Thomas Weiler. "Das Virus ist überall vorhanden, das Ausbruchsgeschehen unkontrollierbar." Die Patienten seien erst vor wenigen Tagen in den Krankenhäusern aufgenommen worden, nachdem der Sommer dort praktisch coronafrei gewesen war. Allein in der Gautinger Asklepios-Klinik liegen neun Corona-Patienten, davon einer auf der Intensivstation. In der Lungenklinik herrscht von Mittwoch an ein striktes Besuchsverbot.

In den kommenden Tagen wird sich laut Weiler zeigen, ob es zu kritischen Krankheitsverläufen kommt. "Wir wissen inzwischen, dass zehn Tage nach Symptombeginn eine zweite, schwere Phase einsetzen kann." Dass nicht noch mehr Patienten in den Krankenhäusern seien, liege an den Risikogruppen, die sich gut schützten. "Alte und kranke Menschen meiden Kontakte und halten Abstand", sagt Weiler. Deshalb müssten in der zweiten Welle bayernweit bislang nur sieben Prozent der Infizierten klinisch versorgt werden, während es im Frühjahr 17 Prozent waren. Ganz anders verhielten sich indes die 20- bis 30-Jährigen. Sie würden Hygiene- und Abstandsregeln weniger beachten und das Virus so in die Familien bringen. "Die meisten Infizierten haben sich im privaten oder familiären Umfeld angesteckt." Auf Schule oder Arbeitsplatz gingen die Ansteckungen "eher nicht" zurück. Die Nachvollziehbarkeit der Infektionsketten sei aber aufgrund der meist vielen Kontakte kaum noch möglich. Umso schwieriger sei es für das Krisenmanagement, die Kontrolle zu behalten. "Die zweite Welle wird deutlich größer und anstrengender werden", schätzt der Pandemiebeauftragte. Schließlich wolle man versuchen, die Übertragungswege ohne Lockdown und weitere Eingriffe in den Alltag zu minimieren. Laut Weiler "ein Spagat".

Der Mediziner rechnet damit, dass die Zahl der Infizierten weiter steigt und auch die Kapazitäten in den Krankenhäusern eng werden könnten. Im Landkreis gibt es 869 Krankenhausbetten, 574 sind belegt. "Anders als im Frühjahr finden jetzt ja auch die geplanten Eingriffe statt." Nadelöhr in der Bekämpfung der Pandemie bliebe aber der überschaubare Bestand der Intensivbetten - im Landkreis gibt es 30 Betten zur Überwachung und 58 Betten mit Beatmungsgerät. Belegt sind derzeit 17 beziehungsweise 27 Plätze.

Vorrangiges Ziel sei, den schnellen Anstieg der Infektionen zu stoppen. "Die nächsten vier Wochen sind entscheidend", sagt Weiler. Für die kommenden zwei Wochen könne man die Zahl der Infektionen wegen der Inkubationszeit des Virus nicht mehr beeinflussen. Dann erst werde sich zeigen, wie die Maßnahmen wirkten. "Wenn jeder an sich denkt, wird das aber nichts", warnt er. Erst kürzlich habe er sich mit einem 20-Jährigen unterhalten, der wissen wollte, wo er denn seinen Geburtstag feiern könne. Er habe ihm geraten, nicht über den Ort der Feier nachzudenken, sondern darüber, sie ausfallen zu lassen. "Ich kann das Feier-Bedürfnis nachvollziehen, aber das Risiko ist zu hoch" - auch wenn der Krankheitsverlauf bei jungen Menschen meist mild sei. "Junge Patienten haben Husten oder fühlen sich schlapp und denken gar nicht an Corona." Dass in Kitas und Schulen bei Erkältungssymptomen ein negativer Test vorgelegt werden müsse, sei deshalb wichtig. "Covid-19 ist ein Chamäleon." Er empfiehlt Schnelltests, wie sie immer mehr Praxen anböten. Innerhalb von 15 Minuten wisse man verlässlich, ob man infiziert sei. "Wir haben in der Klinik schon mehr als 1000 gemacht."

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SZ vom 21.10.2020
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