Süddeutsche Zeitung

Kunst:Der Impressionist vom Ammersee

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Schondorf widmet seinem ehemaligen Feriengast Paul Paede 90 Jahre nach dessen Tod eine Werkschau

Von Armin Greune, Schondorf

Selbst wenn die Ausstellung erst am Sonntag die Tore schließt, ist klar, dass sie einen neuen Publikumsrekord im Studio Rose aufstellen wird: 900 Besucher hat "Paul Paede - Ein deutscher Impressionist" bereits bis Montagabend angezogen, ein noch nie dagewesener Zuspruch für den Pavillon an der Schondorfer Bahnhofstraße. Was auch daran liegt, dass diese Ausstellung 24 Tage lang täglich geöffnet ist - während sonst Künstler meist nur an zwei Wochenenden im Studio präsentiert werden. Zudem sind auch die Führungen "sehr gut nachgefragt", wie Mitorganisator Michael Sorger sagt: 20 haben schon stattgefunden, viele davon mit Schulklassen, die ihre Eindrücke von Paedes Œuvre im Eingangsbereich des Studios hinterlassen haben. Viele Führungen hat die Kunsthistorikerin Silvia Dobler übernommen.

Sie hat auch als Kuratorin Monate damit verbracht, die Exponate zusammenzustellen, die schließlich bis aus Münster, Berlin und Montreal den Weg nach Schondorf fanden. Viele sind im Besitz von Nachkommen des Künstlers, die zum Teil auch zur Vernissage der Werkschau im Studio Rose anreisten. Auch wenn Paede seit 1900 mit der Aufnahme des Studiums an der Akademie der Bildende Künste in München lebte, darf Schondorf den Künstler wenigstens teilweise für sich beanspruchen: Die Familie verbrachte dort regelmäßig die Sommerferien - was auch viele der 60 ausgestellten Bilder belegen, die Schondorf und die Umgebung wiedergeben: Allein fünf eher kleinformatigere Gemälde tragen den (Ammer-)See im Namen. Auf einem weiteren Ölbild ist das "Stürzerhaus" am Schondorfer Ufer zu sehen, das Paedes als Unterkunft diente. Nachbar war der Komponist Hans Pfitzner, der sich öfter heftig über den Lärm beschwert haben soll, den Paedes Söhne Paul und Walter beim Spielen machten.

Porträts der Buben und der um 25 Jahre jüngeren Frau Olga sind neben dem Eingang aufgehängt, sie zeugen von Paedes ausgereifter Maltechnik. Ähnlich gekonnt wirkt das Bild "Mädchen aus Dießen", in dem eine Besucherin der Vernissage ihre Mutter wiedererkannte, wie Sorger erzählt. Ein dritter Schwerpunkt im Werk Paedes waren weibliche Akte, die nicht nur im Studio, sondern auch im Schondorfer Rathaus vertreten sind. Sie sind wohl eher dem Kunsthandwerk zuzuordnen, lassen Originalität weitgehend vermissen und sind klar an der Marktnachfrage orientiert. In der Tat war Paul Paede bis zu seinem Tod 1929 alles andere als ein revolutionäres Genie oder ein getriebener Hungerleider, der für seine Kunst jedes Opfer in Kauf nahm. Seine Arbeit sicherte ein gutes Einkommen, und er führte offenbar ein intaktes Familienleben - wer wollte ihm das auch verübeln.

Die Ausstellung ist noch bis 23. Juni täglich von 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt zu sehen.

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Quelle:
SZ vom 19.06.2019
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