Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Aufklärung tut not

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Wie mit Straßennamen umgehen, deren Personen zeitgeschichtlich problematisch waren? In Berg geht es um den Lüderitzweg

Von Sabine Bader

Zweifelsohne ist Adolf Lüderitz eine äußerst umstrittene Person der Zeitgeschichte. Und zweifelsohne stünde es jeder Kommune gut an, sich Gedanken darüber zu machen, nach welchen Leuten ihre Straßen und Plätze benannt sind und in welchem historischen Kontext diese stehen. In Icking zum Beispiel gibt es jüngst Ärger um den Wenz-berg. Nun kennt so ziemlich jeder Gymnasiast Ickings die Straße von seinem täglichen Schulweg. Doch nicht alle Schüler dürften wissen, dass Paul Wenz nicht nur SA-Truppführer in Icking, sondern auch Funktionär der Nazi-Diktatur war. Er war Landesleiter der Reichskammer der Bildenden Künste in München und als Architekt selbst Auftragnehmer der Nationalsozialisten.

Und der Lüderitzweg in Berg? Ob er nun nach dem umstrittenen Kolonisten Adolf Lüderitz oder nach dessen Sohn Carl benannt ist, der als Namensgeber für die dahinter liegende Villa dient, ist in der Gemeinde auf die Schnelle nicht eindeutig zu klären. Zugunsten der Berger kann man annehmen, dass Carl Lüderitz der Namensgeber war. Ganz sicher bringt man den Straßennamen jedoch eher mit Ersterem in Verbindung.

Die Frage ist aber mehr: Wie geht man mit Straßen, die nach strittigen Personen benannt sind, generell um? Sollte man sie pauschal umbenennen - auch, um sich keiner Kritik auszusetzen? Oder wäre es in den meisten Fällen nicht sinnvoller, unter dem jeweiligen Straßennamen erklärende Hinweisschilder anzubringen - schon zu dokumentarischen Zwecken? Bei NS-Verbrechern ist es klar: Nach ihnen benennt man keine Straße. Bei anderen strittigen Personen der Zeitgeschichte sollte man zumindest einen entsprechenden Hinweis anbringen.

Unkommentiert, wie im Fall Berg, auf einer gemeindlichen Tafel mit dem unverfänglichen Titel "Kulturspaziergang" das Konterfei von Adolf Lüderitz zu zeigen, ist aber ganz sicher problematisch.

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Quelle:
SZ vom 19.01.2017
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