Süddeutsche Zeitung

Prozess:Blanke Wut über ignorierte Anrufe

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29-Jähriger muss sich wegen Raubes und vorsätzlicher Körperverletzung gegenüber seiner Ex-Partnerin vor dem Starnberger Schöffengericht verantworten.

Von Christian Deussing, Herrsching

Das Paar war bereits getrennt, dennoch schlief er manchmal in ihrer Herrschinger Unterkunft, in der auch die beiden gemeinsamen Kinder leben. Allerdings wurde der Mann vor acht Monaten gegenüber seiner einstigen Gefährtin plötzlich gewalttätig: Laut Anklage hatte er alkoholisiert am Nachmittag ohne Absprache die Kinder von der Schule und Kita abgeholt und traf kurz darauf zufällig auf die Mutter in einer Herrschinger Straße. Unvermittelt soll der Angeklagte dann mit Fäusten und einem Schuh auf die 28-Jährige eingeschlagen und ihr die Handtasche entrissen haben. Als Passanten der Frau zur Hilfe geeilt waren, flüchtete er.

Damit nicht genug: Die Staatsanwältin warf ihm im Prozess am Montag vor dem Starnberger Schöffengericht vor, seinerzeit noch am selben Tag am Abend in die Unterkunft seines Opfers eingedrungen zu sein. Dort habe er die Zimmertür eingetreten, die Ex-Partnerin geschlagen und an ihren Haaren gezogen - auch noch, als sie bereits am Boden gelegen habe. Die zweifache Mutter erlitt durch die Attacken Prellungen am Kopf und an den Oberarmen. Der Angeklagte, der für eine Nacht festgenommen worden war, musste sich nun wegen Raubes, vorsätzlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung verantworten.

Über seinen Verteidiger ließ der 29-Jährige erklären, dass er die Taten grundsätzlich einräumte, sich aber nicht mehr an jedes Detail erinnern zu können. Auslöser für die handgreiflichen Ausraster sei gewesen, dass sein Mandant 2o Mal vergeblich versucht habe, die Frau am Handy zu erreichen. "Das hat ihn wütend gemacht", sagte der Anwalt, was das rabiate Verhalten aber natürlich nicht rechtfertige. Gleichwohl habe sich der Angeklagte dafür längst entschuldigt und sich mit der einstigen Partnerin "komplett ausgesöhnt", betonte der Verteidiger.

Solche Gewaltattacken dürfen sich nicht wiederholen

So überraschte es auch nicht, dass die Frau im Prozess keine Aussagen zu dem Fall machte. Der Angeklagte übergab ihr aber als Schmerzensgeld 250 Euro und zeigte sich reumütig. Angesichts der positiven Entwicklung entschied das Gericht nach interner Beratung und mit Zustimmung der Staatsanwältin, das Verfahren gegen Auflagen einzustellen. Dafür muss der zuvor unbescholtene Mann aber noch weitere 750 Euro an die Frau zahlen und im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs (TOA) beim Sozialverein "Brücke" Beratungsgespräche führen, damit sich auch in einer Krise kein eskalierender und gewalttätiger Streit wiederholt.

Überdies wurde dem 29-Jährigen auferlegt, den Schaden an der eingetretenen Zimmertür in Höhe von 1143 Euro zu bezahlen, wovon er bereits 600 Euro beglichen hat. Nach diesem Ausgang des Prozesses wirkte der Angeklagte erleichtert. Das war auch der früheren Lebensgefährtin im Gerichtsflur anzumerken, wo beide noch miteinander sprachen.

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