Süddeutsche Zeitung

Herrsching:Noch vor der Eröffnung ein Sanierungsfall

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Das Kinderhaus am Fendlbach sollte im Februar in Betrieb gehen. Nun aber sind Gemeinde und Eltern ratlos: Das Gebäude hat einen massiven Wasserschaden.

Von Astrid Becker, Herrsching

Es war alles minutiös geplant: Ende Januar sollten die Schlüssel übergeben werden. Anfang Februar die ersten Kinder einziehen. Sogar der Termin für die offizielle Einweihungsfeier im März stand bereits fest. Doch aus all dem wird nun nichts. Das neue Kinderhaus am Fendlbach in Herrsching hat einen massiven Wasserschaden. Der Schaden könnte sich bis an die Millionengrenze ausweiten.

"Eine Katastrophe", sagt Herrschings Bürgermeister Christian Schiller (parteifrei). "Dagegen ist eine Tropfsteinhöhle ein Kinderspielzeug." Der Rathauschef spricht von der Nachricht, die ihn und seine Verwaltungsangestellten am vergangenen Freitagmorgen erreicht hat. Eine Firma sollte den Bau reinigen, damit dort weiter gearbeitet werden kann. Doch als sie das Gebäude betraten, standen sie quasi im Regen und informierten sofort die Gemeinde.

Der Schaden war im ersten Stock des in Holzmassivbauweise errichteten Gebäudes aufgetreten und hatte sich von dort ins gesamte Erdgeschoss ausgebreitet. "Ein Schock", sagt Schiller. Nur wenige Räume seien verschont geblieben. "Sonst stand da überall das Wasser, und es kam von oben immer mehr", berichtet der Rathauschef. Wie sich herausstellte, war ein in einem Toilettenraum verbautes Schaltventil die Ursache für die Flutung.

Dieses Teil steuert die sogenannte Hygienespülung, die in Bauten wie diesen alle 72 Stunden für etwa drei Minuten erfolgt. "Da geht es darum, sämtliche Trinkwasserleitungen zu reinigen, damit sich keine Legionellen oder dergleichen absetzen können", erklärt Schiller. Diese automatisch geregelte Spülung sollte Donnerstagnacht erfolgen.

Das defekte Ventil führte jedoch dazu, dass offenbar mehrere Stunden lang Wasser aus der Wand lief und über die Decke ins Erdgeschoss gelangte, wo der Schaden laut Schiller am massivsten ist. Trockenbauwände seien beschädigt, ebenso die Holzböden und das Laminat, erzählt er. Im Obergeschoss habe es ebenfalls mehrere Räume getroffen: "Wenn man so will, ist das ganze Kinderhaus noch vor seiner Eröffnung ein Sanierungsfall."

Ein Sachverständiger hatte den Schaden am Dienstagmorgen begutachtet. Laut Schiller wird allein das Trocknen von Böden und Wänden mit 50 000 bis 100 000 Euro zu Buche schlagen und mindestens vier Wochen in Anspruch nehmen. Erst danach könne festgestellt werden, wie viele Bauteile erneuert werden müssen. "Je nachdem kann sich der Schaden bis zu einer hohen sechsstelligen Summe ausweiten", so Schiller am Dienstag nach dem Termin mit dem Gutachter. "Das wird viele Monate dauern, bis alles wieder hergestellt ist."

Die Gemeinde sucht nun nach Alternativen für die Kinderbetreuung

Und damit steht die Gemeinde Herrsching vor einem weiteren Problem. Wo soll sie all die Kinder unterbringen, die dort betreut werden sollten? In das Kinderhaus am Fendlbach sollten im Februar 140 Kinder einziehen im Krippenalter, Kinder zwischen drei und sechs Jahren sowie Grundschüler, für die das Haus als Hort dienen sollte. Etwa 100 Eltern, so sagt Schiller, fragten sich nun, wie es weitergeht.

Träger der Einrichtung ist die 1970 gegründete Elterninitiative, die derzeit den Kindergarten Kunterbunt mit 55 Plätzen in der Rieder Straße in Herrsching betreibt. Vier Gruppen gibt es dort, drei weitere sollten nun zusätzlich am Fendlbach entstehen. Das Problem: Der Mietvertrag für diesen Standort läuft im April aus. Die Eigentümerin habe sich aber am Freitag schon bereit erklärt, den Vertrag noch um ein paar Monate zu verlängern.

Zudem sucht die Gemeinde jetzt händeringend nach alternativen Lösungen für die vorübergehende Betreuung der Kinder: "Es gibt ja geltende Verträge mit den Eltern", sagt Schiller. Eine Firma habe bereits Container angeboten, auch die Kirche wolle helfen, erzählt er. Letztlich sei es aber auch eine Entscheidung der Fachbehörde im Landratsamt, wie eine solche Lösung beschaffen sein dürfe. "Unterstützung von dort hat man uns bereits zugesagt."

Plangemäß sollte das Gebäude bis Ende 2023 fertiggestellt werden. Erst im Oktober 2022 war der Grundstein für das Kinderhaus gelegt worden. Die Geschichte des Baus, der knapp neun Millionen Euro gekostet hat, reicht allerdings weiter zurück. Denn das rund 5500 Quadratmeter große Grundstück dafür hatte sich die Gemeinde bereits 2013 gesichert, als es darum ging, das gesamte Areal für eine familiengerechte Wohnbebauung mit Kindertagesstätte zu überplanen. Auf einer Grundfläche von 865 Quadratmetern ist dort nun das Kinderhaus entstanden, mit dem Herrsching sein Betreuungsangebot auf insgesamt 640 Plätze erweitern will - aber erst, wenn das Gebäude nach dem Wasserschaden umfassend saniert ist.

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