Süddeutsche Zeitung

Gilching:Tauziehen um Wasserschutzzone

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Gilchinger wollen Brunnen IV erhalten und schalten Fachanwalt ein

Von Christian Deussing, Gilching

Die Gemeinde Gilching ist gehörig unter Druck geraten. Denn sie darf nur noch bis Ende des Jahres Trinkwasser aus dem ergiebigen Brunnen IV entnehmen. Das hat nichts mit der Qualität zu tun, sondern damit, dass die behördliche Erlaubnis zum 31. Dezember ausläuft. Jetzt musste der Gemeinderat die Notbremse ziehen und beantragen, für zunächst vier Jahre den Brunnen IV weiter nutzen zu dürfen. Nur dieser Antrag hat bei den Genehmigungsbehörden gute Chancen, akzeptiert zu werden.

Für die Gemeinde ist es eine Crux: Sie versucht seit fast neun Jahren vergeblich, dieses Reservoir als Wasserschutzgebiet auszuweisen, das bis Hochstadt reichen würde. Gleichzeitig wollten die Gilchinger viel mehr Kubikmeter Wasser aus dem so bedeutsamen Brunnen gewinnen. Nun versichert die Gemeinde, die Auflage der Genehmigungsbehörde zu erfüllen, nach alternativen Standorten zu suchen. Das geschieht inzwischen bei Rottenried.

Dennoch will Bürgermeister Manfred Walter den betreffenden Brunnen IV nicht aufgeben und hat dabei die volle Rückendeckung der Gemeinderäte - allen voran Wasserreferentin Dorothea Heutelbach (CSU). Sie kämpft seit vielen Jahren besonders vehement um diese Wasserschutzzone.

Aus ihrer Sicht ist das Verfahren, das insgesamt schon seit 21 Jahren andauere, ein "Debakel". Sie könne mit "gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehen", warum das ergiebige Wasservorkommen nicht einen umfassenden Schutz erhalte. Schließlich befinde sich in dem Bereich der Flughafen und Kiesabbau. Heutelbach betonte, dass Gilchings Bevölkerung auf den Brunnen angewiesen sei, weil er für die Trinkwasserversorgung "unverzichtbar" sei. Man brauche daher auch rechtlich einen optimalen Schutz.

Peter Unger (Grüne) ist ebenso empört. Er kritisiert, dass einige Landwirte sich "massiv" gegen die Wasserschutzpläne der Gemeinde wehren. Zudem sei in dem überlangen Verfahren "vieles verschleppt und verzögert worden", bis ein Grundsatzurteil gefällt worden sei. Demnach muss der Wasserversorger den Standort abwägen, nach Alternativen suchen und prüfen, in wieweit die Belange "Dritter" berührt werden.

Und das sind im Streit um den Wasserschutz in der Gilchinger Region nicht nur Landwirte, sondern auch Kiesgrubenbetreiber, der Sonderflughafen (Edmo) und die Lindauer Autobahn. Deren Interessen müssten in dem sicherlich sehr langen, aber auch "komplizierten Verfahren" berücksichtigt werden, sagte auf Anfrage Landratsamtssprecher Stefan Diebl. Es seien zudem nachfolgende Untersuchungen, zum Beispiel wegen möglicher Altlasten, notwendig gewesen. Insgesamt hätten in dem Verfahren um das Wasserschutzgebiet 36 Einwender und 17 Träger öffentlicher Belange Stellung bezogen. Zudem sei der Gemeinde Gilching das wasserrechtliche Grundsatzurteil von 2011 seit Längerem bekannt gewesen - folglich auch woanders nach geeigneten Gebieten für Brunnen zu suchen.

Um nicht juristisch im Tauziehen um die gewünschte Wasserschutzzone von den Gegnern abgehängt zu werden, haben die Gilchinger mittlerweile einen Fachanwalt eingeschaltet, der Paroli bieten könnte. Beispielsweise auch der Nachbargemeinde Gauting, die östlich vom Flughafen ein Gewerbegebiet plant und sich bereits gegen eine Wasserschutzzone dort ausgesprochen hat. Heutelbach befürchtet, dass somit "wirtschaftliche Interessen" wichtiger seien als der Trinkwasserschutz.

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Quelle:
SZ vom 09.12.2016
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