Süddeutsche Zeitung

Gilching:Reizthema Rathausstühle

Lesezeit: 2 min

Der Gilchinger Gemeinderat will die Möbel für Sitzungssaal und Trauzimmer neu ausschreiben. Die Luxusstühle von 2500 Euro pro Stück mag keiner mehr

Von Christian Deussing, Gilching

Die Nerven lagen wieder blank. Es war bereits die zweite Sondersitzung des Gemeinderats, in der es um die Möbel im neuen Gilchinger Rathaus ging. Am Dienstagabend sollte nun endgültig entschieden, der heftige Inventar-Streit beendet werden. Mehrheitlich wurde beschlossen, die Möbel für die Sonderräume (Los 3 im Vergabeverfahren) mit einem neuen Leistungsverzeichnis und ohne Bemusterung neu auszuschreiben. Damit soll ein sechsstelliger Betrag - die Rede ist von 100 000 Euro - eingespart werden. Das bedeutet nun auch, dass keine Luxusstühle für knapp 2500 Euro pro Stück für den Ratssaal angeschafft werden.

Mit 15 zu neun Stimmen wurde außerdem im Gremium beschlossen, der Firma Designfunktion aus München den Zuschlag für die Büromöbel (Los 2) zum Angebotspreis von 303 263 Euro zu erteilen. Dieser Betrag liegt zwar um etwa 45 000 Euro höher als das Angebot einer Firma aus Gilching. Diese hatte aber laut der Vergabekammer Südbayern gegen Normen der Ausschreibung und "Vorgaben der Leistungsbeschreibung" verstoßen. Darauf hatte zuvor der Münchner Mitbieter in einer Rüge vor der Kammer hingewiesen. Dieselbe Firma, die auch die noblen und umstrittenen Sitzungsstühle anbietet, war zuvor bei dem Büroinventar (also bei Los 2) nicht zum Zuge gekommen.

Abgelehnt wurde der Antrag der Freien Wähler-Fraktion, jenen Beschluss aufzuheben, der vorsah, das Budget von 300 000 auf 600 000 Euro zu erhöhen. Denn dies sei im Juni 2015 beschlossen worden, als die "desaströse Finanzlage" der Gemeinde noch unklar gewesen sei, betonte FW-Sprecher Thomas Reich. Seine Fraktion forderte, nur zwingend notwendige Möbel anzuschaffen, ansonsten aber die teilweise erst vier bis sechs Jahre alten Schreibtische, Stühle und Schränke beim Umzug ins neue Rathaus mitzunehmen. Dagegen ärgerte sich Matthias Helwig (SPD) über den "weltfremden Populismus" in der Debatte um neue Möbel, weil nämlich die Mitarbeiter modernes Inventar bräuchten, das zu den anderen Zimmern im Rathaus auch passe. Den Vorwurf Helwigs wiesen Matthias Vilsmayer (FW) und CSU-Sprecher Paul Vogl prompt zurück und betonten, dass der Gemeinderat als Auftraggeber "wirtschaftlich denken" müsse.

Allerdings gelte es, auch an gesunde Arbeitsplätze mit zweckmäßiger und optimaler Ausstattung in den meist kleineren Räumen zu denken, erklärte Bürgermeister Manfred Walter (SPD). Zum Beispiel an elektrisch höhenverstellbare Schreibtische. Seine Fraktion sprach zudem von "Fürsorgepflicht" und einer Verwaltung, die "effizient im neuen Rathaus arbeiten" solle. Das provozierte Rosmarie Brosig (BfG) wiederum zu fragen, ob denn die Rathausmitarbeiter derzeit wegen der "alten Möbel nicht effizient arbeiten" würden? Überdies gebe es auch schon jetzt die "Fürsorgepflicht", sagte Brosig.

Am Ratstisch saß auch der Projektsteuerer Professor Horst Teppert. Es sei nach den Wünschen der Mitarbeiter ein "akzeptables Konzept" für das Büroinventar erarbeitet und ein vierzehntägiges Probesitzen arrangiert worden. Jedenfalls würden 22 Stühle mitgenommen, sagte Teppert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2927632
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.03.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.