Süddeutsche Zeitung

Gauting:Farben atmen

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22 Mitglieder des Kunstvereins zeigen online ihre Arbeiten zum Thema Frau

Von Katja Sebald, Gauting

Die aktuelle Ausstellung des Kunstvereins Gauting ist in zweifacher Hinsicht ein Experiment. Zum einen besteht das Experiment darin, dass die Bilder der 22 ausstellenden Künstler und Künstlerinnen nur bei einem virtuellen Rundgang auf der Website des Kunstvereins zu sehen sind, weil der eigentliche Ausstellungsort, das Gautinger Rathaus, für Besucher derzeit nicht zugänglich ist. Und zum anderen liegt dem Ausstellungstitel "gruppe: f-r-a-u (Akronym)" ein gedankliches Experiment zugrunde: Ist das Wort Frau aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammengesetzt und also ein Akronym? Und wenn ja: Um welche Wörter könnte es sich dabei handeln?

Schon im Untertitel macht die Ausstellung dazu einen Vorschlag, er lautet: "farben - rhythmisch - atmen - uns". Und das ist zugleich die Tonalität, die den überwiegenden Teil der gezeigten Arbeiten verbindet. Zu sehen sind Zeichnungen und Malerei, Fotografien und Collagen, auch einige Textbeiträge sind entstanden, es gibt Traumbilder und Farbexplosionen, dynamische Linienanordnungen und Tanzbewegungen, Aktdarstellungen und verschleierte Frauen. Ein Bild heißt "Die Rettung des inneren Kindes durch weibliche Kraft", ein weiteres ist mit "Die Kraft der Frauen" überschrieben. Eine Darstellung zitiert mit der "Venus" von Botticelli und eine andere mit dem "Kuss" von Klimt durchaus männliche Sichtweisen.

Wie immer ging auch dieser Ausstellung der Aufruf an alle Mitglieder voraus, sich mit dem gestellten Thema inhaltlich auseinanderzusetzen. Auch zwei Männer sind dem Auftrag gefolgt und haben Beiträge eingereicht. Einige Bilder sind als Gemeinschaftsarbeiten entstanden. Für die Vereinsvorsitzende Jane Höchstetter sind die Künstler und Künstlerinnen durch die Ausstellung von Mitgliedern eines Vereins zu Angehörigen einer Gruppe geworden, "die sich mutig, kreativ und facettenreich mit den Aspekten von Frau in Kunst und Gesellschaft" auseinandersetzten.

Mit ihrer Tuschezeichnung "Venedig" aus dem Jahr 1972 ehrt der Kunstverein Gauting in dieser Ausstellung auch die kürzlich gestorbene Künstlerin Inifrau von Rechenberg, die zu seinen Gründungsmitgliedern gehörte. Ihre Tochter Jane Höchstetter schreibt im Begleittext zur aktuellen Ausstellung: "Wir bleiben sichtbar in Pandemiezeiten, im realen Rathaus treffen sich unsere Bilder, in der Gemeinschaft der Gruppe 'frau' begegnen wir mit Kunst im Netz den Mitmenschen."

Die Ausstellung ist derzeit nur im Internet zu sehen unter kunstverein-gauting.de/die-veranstaltungen.

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Quelle:
SZ vom 12.05.2021
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