Süddeutsche Zeitung

Unglück am Bahnhof Gauting:Tödlicher Sog am Gleis

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Ein 79-Jähriger gerät zu nah an die S-Bahn und wird mitgerissen. Die Polizei mahnt zur Vorsicht.

Von Christian Deussing, Gauting

Es war ein tragischer Unfall, der sich am Montagnachmittag wenige hundert Meter vor dem Gautinger Bahnhof ereignete. Nach Polizeiangaben hatte gegen 16.40 Uhr eine einfahrende S-Bahn aus München einen 79-jährigen Mann von hinten erfasst, als er zu nah an den Gleisen entlang ging. Der Gautinger war sofort tot. Der Rentner soll schwerhörig gewesen sein und zur Unfallzeit sein Hörgerät nicht getragen haben. Er habe den herannahenden Zug offenbar nicht bemerkt, der ihn wohl durch seine Sogwirkung bei etwa 70 Stundenkilometern mitgerissen habe, vermuten die Ermittler. Ein Suizid sei auszuschließen, man gehe von einem Unglücksfall aus, erklärte Manfred Frei, Leiter der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck.

Die Fahrgäste in der Bahn S 6 blieben bei dem Unfall unverletzt. Sie mussten etwa 40 Minuten auf freier Strecke in den Waggons ausharren, bis sie zum Bahnhof weiterfahren durften. Die 25-jährige Lokführerin hatte den Mann nach bisherigen Erkenntnissen noch unweit des Gleisbettes gesehen und sofort eine Notbremsung eingeleitet, sie konnte den Aufprall aber nicht mehr verhindern. Die junge Frau erlitt einen Schock und musste vom Kriseninterventionsteam betreut werden. Die Strecke war für den Nahverkehr etwa drei Stunden zwischen Starnberg und Pasing gesperrt, laut Bahn wurden mehr als hundert Taxen für die Fahrgäste eingesetzt.

Das Opfer wollte nach SZ-Informationen in Kürze mit seiner Ehefrau und der Familie seinen 80. Geburtstag feiern. Der Rentner war noch rüstig. Am Montagnachmittag wollte er auf dem Heimweg noch bei einer Bank eine Überweisung abgeben. Auf dem Bahnweg, der als Anliegerstraße zum Stellwerk führt und an einem Wald endet, soll der Gautinger öfter unterwegs gewesen sein. Den Ermittlungen zufolge muss er auf einem sehr schmalen Betonweg direkt am Gleisschotterdamm entlang gelaufen und um einem Strommasten herumgegangen sein. Die Polizei vermutet, dass es in diesem Moment an dieser Stelle zu dem tödlichen Unfall gekommen ist.

Das Unglück sei sehr tragisch, sagte ein Bahnsprecher. Er wies aber auch auf die Gefahr hin, die an Gleisen besteht. "Denn das Betreten von Gleisanlagen ist nicht nur strafbar, sondern auch lebensgefährlich", so der Sprecher. Ein Sicherheitsabstand von etwa vier Metern sei unbedingt einzuhalten. Ansonsten müsse man gegen diese Personen wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr ermitteln, mahnte der Sprecher der Bahn.

Das würde dann die Bundespolizei übernehmen. Diese warnt auch davor, dass die gefährliche Sogwirkung von Zügen oft unterschätzt werde. Man sollte auch wissen, dass S-Bahnzüge leiser geworden seien und zum Beispiel Nebel das Fahrgeräusch dämpfe, sagt Petra Wiedmann, Sprecherin bei der Bundespolizei in München. Wegen der Soggefahr gebe es auch die weiße Linie auf Bahnsteigen, die auf etwa 80 Zentimeter Breite den Sicherheitsabstand bis zur Kante markiert. Und wer Gleise verbotenerweise überquere, unterschätze leicht die Geschwindigkeit von Zügen, so die Bundespolizei.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2019
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