Süddeutsche Zeitung

Fußball in Starnberg:Die mit dem Baby coacht

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Die Trainerin und Jugendleiterin der FT Starnberg 09, Katrin Rumland, ist von ihren männlichen Kollegen anfangs belächelt worden, weil sie gern mit ihren Kindern an der Seitenlinie steht. Doch längst gilt die 35-Jährige als Erfolgsgarant.

Von Kilian Pinl, Starnberg

Während ihr Baby im Tragesack seelenruhig an ihrer Brust schlummert, hält Katrin Rumland die Hand ihres älteren Sohnes Emil. Die gebürtige Maisingerin ist mit ihren Kindern nicht etwa auf dem Weg zur Krabbelgruppe oder in den Tiergarten. Nein, sie steht gerade bei einem Hallenturnier an der Seitenlinie und coacht ihre Fußballmannschaft.

Ein seltenes Bild, das sich den Turniergästen da bietet, denn Fußball ist nach wie vor Männerdomäne. Die Mehrzahl der Aktiven: männlich. Die Mehrzahl der Funktionäre: männlich. Die Mehrzahl der Trainer: männlich. Auf regionaler Ebene wird das besonders deutlich. Dass Rumland schon öfters von Trainern anderer Mannschaften als "die mit dem Baby" belächelt worden ist, passt ins Bild. Bei solchen Turnieren "zu gewinnen, hat mich dann immer besonders gefreut", sagt die 35-Jährige und schmunzelt. Belächelt wird sie jetzt, nach 15 Jahren als Trainerin der FT Starnberg 09, nur noch selten. Denn mittlerweile ist sie in Fußballerkreisen über das Fünfseenland hinaus bekannt und als "die mit dem Baby" berüchtigt für das starke Auftreten ihrer Mannschaften.

Aber nicht nur als Trainerin ist Rumland für die FT mittlerweile unersetzlich, als Jugendleiterin kümmert sie sich um alle Belange rund um die Jugendmannschaften und macht das, wie Vereinsvorstand Franz Holzinger betont, "hervorragend". Dabei verfolgt sie eine klare Philosophie, die sie auch allen ihren Trainern mit auf den Weg gibt: Die Aus- und Weiterbildung der Jugendlichen steht immer vor dem einzelnen Spielergebnis.

Konkret bedeutet das auch, in einem Finale die halbe Mannschaft auszuwechseln, um jedem Spieler seine Einsatzzeit unter Wettkampfbedingungen zu geben. Eine Entscheidung, die Rumland nach all den Jahren selbst noch "jedes Mal schwer fällt", aber die Erfolge der Starnberger Jugendmannschaften sprechen für sich. Vergangenes Jahr etwa gewann Rumland mit ihren unter Achtjährigen jedes Turnier. Und auch in den übrigen Vergleichen gingen die Starnberger stets als Sieger hervor.

Dass die großen Münchner Vereine sowie der FC Augsburg da hellhörig wurden und sich insgesamt drei der Starnberger Talente sicherten, war laut Rumland "die einzig logische Folge. Die Jungs sind so talentiert, die mussten einfach zu einem Top-Klub." Und wenn das einer beurteilen kann, dann die Maisingerin, denn neben ihrem ehrenamtlichen Engagement bei der FT war sie mehrere Jahre selbst als Talentsichterin für die Münchner Löwen unterwegs und soll dem Vernehmen nach mittlerweile für den Stadtrivalen in Rot auf Talentsuche gehen. "Zu sehen, dass einer Talent hat, ist das eine, aber es braucht so viel mehr als nur Talent, wenn man im Fußball erfolgreich sein möchte", sagt Rumland. Die Einstellung des Kindes, das Durchsetzungsvermögen und die geistige Resilienz, also wie gut ein Kind mit Rückschlägen umgehen kann, seien mitunter wichtige Faktoren für den späteren Erfolg.

Als Erzieherin in einem Montessori-Kindergarten weiß Rumland solche Eigenschaften zu erkennen und zu fördern. Neben ihrer fußballerischen Kompetenz ist dieses Feingefühl wohl auch einer der Gründe, warum sie bei etwa neun von zehn ihrer Talente richtigliegt. Obwohl oder gerade weil Fußball so eine große Rolle in ihrem Leben spielt, wird es ihr hin und wieder aber auch etwas zu viel. "Weil ich wissen wollte wie viel ich eigentlich arbeite, habe ich mal zusammengerechnet, wie viel Zeit ich wöchentlich für die FT investiere und bin auf etwa 25 Stunden gekommen", erzählt die zweifache Mutter.

Dazu kommen dann noch ihre Halbtagsstelle im Montessori-Kindergarten, die Beschäftigung als Talentsichterin und ihre familiären Verpflichtungen. Denn ihre Mutter betreibt einen Stall für Islandpferde in Maising, in dem neben den eigenen drei noch neun weitere Pferde von Mietern einstehen. Zwar sei das bewusst nicht ihr Steckenpferd, aber wenn ihre Mutter Hilfe brauche, sei sie natürlich immer zur Stelle und helfe mit. "Ich bin zwar sehr glücklich, so wie es läuft, aber auch absolut am Limit", sagt Rumland. Diese Sommerferien hat sie sich deshalb bewusst eine Auszeit vom Fußball genommen, um Kraft zu tanken für die neue Saison, die in zwei Wochen beginnt. "Ich freue mich jetzt schon wieder auf die kommende Spielzeit, aber leider haben wir bisher noch keinen Trainer für unsere unter Neunjährigen gefunden." Dabei sei es gar nicht wichtig, dass man Trainerlizenzen vorweisen könne, hauptsächlich gehe es darum, Spaß an der Arbeit mit Kindern zu haben. Was die Trainingsgestaltung angehe, werde der neue Coach vom Verein unterstützt. Wer sich angesprochen fühlt, findet auf der Internetseite www.ftstarnberg09.de alle weiteren Informationen.

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SZ vom 31.08.2019
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