Süddeutsche Zeitung

Online-Magazin:Lucius Maltzan will junge Menschen für die Europawahl begeistern

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Von Martina Grießbacher

Begonnen hat alles bei einer Busfahrt in England, erste Pläne wurden bei einer Rundreise durch Südamerika geschmiedet, und seinen Lauf genommen hat das Projekt schlussendlich in Wien. Anfang der Woche war es dann so weit: "Das kleine Einmaleins der Europawahlen" ist online gegangen, eine junge und unabhängige Internetseite einer Gruppe von etwa 60 jungen Leuten. Einer der Köpfe dahinter ist der 19-jährige Lucius Maltzan. "Was wir machen, ist einzigartig, es gibt nichts Vergleichbares", sagt der Student. Tatsächlich fasst die Seite alle wichtigen Themen rund um die Wahl am 26. Mai kompakt, verständlich und unterhaltsam zusammen - die jungen Leute haben für ihr Projekt sogar die Spitzenkandidaten der wichtigsten Parteien getroffen.

Aufgewachsen am Starnberger See und in München zog es Maltzan nach dem Abitur in die weite Welt hinaus. Ein Jahr lang war er auf Reisen, er unternahm Roadtrips durch Europa und war in Asien und Südamerika unterwegs. Durch Zufall lernte er in England den Österreicher Simon Nehrer kennen. "Simon hatte die Idee zum ,Einmaleins' schon vor den österreichischen Nationalratswahlen im Jahr 2017 und war mit seiner Website durchaus erfolgreich", erzählt der 19-Jährige, der Philosophie, Politik und Wirtschaft an der London School of Economics studiert. Diese Freiheit, in jedem Land der EU ein Studium absolvieren zu können, ist für Maltzan mit ein Grund, sich für die Wahl des Europäischen Parlaments stark zu machen.

Damit "Das kleine Einmaleins der Europawahlen" zu dem wurde, was es heute ist, steckten Dutzende Studenten aus Deutschland und Österreich viel Zeit und Herzblut in das Projekt. In den vergangenen vier Monaten haben sie Artikel zu allen wichtigen Themen der Europawahl verfasst, die Programme aller Parteien in Deutschland und Österreich vorgestellt und Interviews mit den Spitzenkandidaten geführt.

"Wir wollen junge Menschen dazu animieren, sich näher mit Politik zu befassen. Vor allem im Vorfeld einer Wahl. Wir wollen ihnen nicht sagen, was sie denken oder wählen sollen, aber wir möchten ihnen eine Grundlage dafür bieten", formuliert der 19-Jährige das Ziel des Projekts. Ihm sei es auch wichtig gewesen, mit Hilfe einer gemeinsamen Informationsgrundlage mehr Verständnis füreinander herzustellen und Brücken zwischen den politischen Lagern zu bauen, so Maltzan. Das Projekt international aufzuziehen, ist vor allem bei einer Europawahl naheliegend - wenn es nach den Jugendlichen ginge, sollte es so etwas in jedem Land der EU geben. "Aber in unserem Fall waren wir an die Grenzen unseres Sprachraums gebunden", sagt er.

Vor allem hinter den Interviews steckt ein enormer Organisations- und Arbeitsaufwand. In Österreich sei es einfacher gewesen, an die Gesprächspartner heranzukommen, weil diesen das "Einmaleins" schon ein Begriff war, berichtet der Student. Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen hat sofort zugesagt, so auch der Spitzenkandidat der ÖVP, Othmar Karas. "Mit diesen Namen im Gepäck sind wir dann nach Deutschland gegangen", sagt Maltzan. "An die SPD heran zu kommen, war besonders schwierig. Im Gegensatz dazu hat das Team der AfD nach nur 15 Minuten zugesagt."

Grundsätzlich waren alle Politiker dem Projekt gegenüber sehr offen und interessiert. "Wir bieten ihnen eine Plattform, um junge Leute zu erreichen. Dass wir ein Jugendprojekt sind, ist unser größtes Kapital", erzählt der 19-Jährige. Er selbst hat in letzten Wochen alle Spitzenkandidaten der deutschen Parteien kennengelernt und sie zu europapolitischen Themen befragt. "Besonders beeindruckt hat mich das Treffen mit Manfred Weber (CSU). Er ist ganz alleine ohne Begleiter oder Fotografen zum Termin gekommen und hat sich auch nach dem eigentlichen Interview noch Zeit genommen, sich mit mir zu unterhalten", berichtet Maltzan. "Und in die Wiener Hofburg geht man ja auch nicht jeden Tag, um mit dem österreichischen Bundespräsidenten zu sprechen."

Politik hat den Wahl-Londoner aus Ambach schon immer interessiert. Nach dem Abitur sei dann auch sein Interesse an Medien und politischer Berichterstattung geweckt worden, erzählt er. Einfach nur studieren könne er nicht. "Ich habe mir immer meine Projekte gesucht. Politische Informationen für eine Wahl zur Verfügung zu stellen, ist momentan wahrscheinlich das Beste, was ich für unsere Gesellschaft leisten kann", begründet der Student seine Motivation. Was nach den Europawahlen aus dem Projekt wird, weiß selbst der 19-Jährige noch nicht. Vielleicht wartet die zündende Idee ja schon irgendwo auf dieser Welt, um auf der nächsten Reise von ihm gefunden zu werden.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2019
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