Süddeutsche Zeitung

Corona-Regeln:Polizei kontrolliert Fake-Party in Gasthaus

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Tanzende und lachende Menschen - echt jetzt? Nicht ganz. Beim vermeintlichen Superspreader-Event handelt es sich um eine Videoinstallation, die eine Streife hinters Licht führt.

Glosse von Armin Greune, Dießen

Waren nun quietschende Reifen zu hören, über den Zaun stürmende Beamte und ein von Einsatzkräften umzingeltes Wirtshaus zu erleben? Oder war der Vorfall vom Freitagabend am Dießener Untermüllerplatz reine Routine und "aus polizeilicher Sicht nichts, das erwähnenswert wäre", wie ein Präsidiumssprecher meint?

Jedenfalls hatten Feiernde hinter den Fenstern des hell erleuchteten "Unterbräus" Aufmerksamkeit erregt. Und - je nach Quelle - drei bis sechs junge Polizisten - stiegen aus ihrem Bus. Um dann zu erkennen, dass sie nicht etwa eine Corona-Party auffliegen lassen - sondern einem Video der Dießener Lichtkünstlerin Vanessa Hafenbrädl auf den Leim gegangen sind.

Seit 13. Februar werden nämlich per Beamer tanzende und lachende Dießener täuschend echt in den Gasthaussaal projiziert. Den auswärtigen Polizisten aber, die den Tag über Dießener Kollegen bei Kontrollen unterstützt hatten, war die Kunstaktion zum Faschingsersatz neu.

In Dießen wird sich seitdem empört: Angeblich habe ein Bürger absichtlich die Bereitschaftspolizei - und nicht die örtliche Wache - mobilisiert. Doch Dießens Inspektion und das Präsidium in Ingolstadt versichern, dass keine Mitteilung zu dem Vorfall verzeichnet ist. Die Kollegen waren also wahrscheinlich zufällig vorbeigefahren, als sie etwas Auffälliges im Gasthaus bemerkten.

Dazu im Gegensatz steht die Aussage einer Nachbarin. Sie ist sicher, auf Nachfrage zur Ursache der Aktion von einem Polizisten die Auskunft erhalten zu haben, man sei einem Anruf gefolgt. Man versetze sich nur in die Lage eines jungen Beamten, der gerade dem Spott des versammelten Publikums ausgesetzt ist, weil er auf eine Fata Morgana hereingefallen ist. Da wäre so eine kleine Ausrede doch verständlich, oder?

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SZ vom 23.02.2021
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