Süddeutsche Zeitung

Landgericht München II:Hohe Strafen im Prozess um Dreifachmord gefordert

Lesezeit: 3 min

Die Staatsanwaltschaft plädiert für lange Jugendstrafen wegen Mordes für beide Angeklagte. Der 22-jährige Maximilian B. und sein Freund sollen aus Habgier drei Menschen mit einer großkalibrigen Pistole erschossen haben.

Von Andreas Salch

In dem Prozess um den Dreifachmord an einer Familie in Starnberg im Januar 2020 hat die Staatsanwaltschaft am Landgericht München II nach fast eineinhalbjähriger Beweisaufnahme an diesem Montag die Verhängung hoher Jugendhaftstrafen gefordert. Der 22-jährige Maximilian B., der bei der Tat seinen Freund und dessen Eltern mit einer großkalibrigen Pistole erschoss, soll für 13 Jahre und sechs Monate in Haft. Für den 21-jährigen Samuel V., der Maximilian B. mit seinem Auto zum Tatort fuhr und zumindest von dem geplanten Mord an dem Sohn des Ehepaars gewusst haben soll, forderten Staatsanwältin Julia Wiesenbauer und ihr Kollege Stefan Kreutzer wegen Mordes in Mittäterschaft ebenfalls eine Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten. Außerdem beantragten sie für beide Angeklagte die Anordnung zur Sicherungsverwahrung im Urteil vorzubehalten. Neben den Morden hatte Maximilian B. darüber hinaus zwei Raubüberfälle auf Supermärkte im Landkreis Fürstenfeldbruck verübt. Samuel V. war an einer der beiden Taten beteiligt.

Nach Überzeugung der Staatsanwälte befanden sich B. und sein Komplize im Januar 2020 in großen finanziellen Schwierigkeiten. Um an "schnelles Geld" zu kommen, sollen sie es auf die wertvolle Waffensammlung von B.s Freund in Starnberg abgesehen haben. In der Sammlung des damals 21-jährigen Büchsenmacherlehrlings befanden sich zahlreiche verbotene Kriegswaffen wie etwa Maschinenpistolen, Sturmgewehre, ein Maschinengewehr Typ MG 53 sowie großkalibrige Pistolen samt Munition. Der Büchsenmacherlehrling hatte die ursprünglich deaktivierten Waffen wieder voll funktionsfähig gemacht. Staatsanwalt Kreutzer sprach angesichts der Vielzahl und der Gefährlichkeit der Waffen von einem Wahnsinn.

Nach den drei Morden in den frühen Morgenstunden des 11. Januar 2020 hatte Maximilian B. ein schockierendes Handy-Video von seinen Opfern gemacht. Mit den Aufnahmen, so Kreutzer, habe der 22-Jährige seine Opfer verhöhnt. Unter anderem sagt B. in dem Video beim Anblick der toten Eltern: "Dann laß' ich euch mal weiterschlafen", ehe er dann deren Haus verließ. Aus dem Chat-Verlauf der Angeklagten geht hervor, dass sie vor und während der Tat Kontakt hatten. Unter anderem hatte Samuel V. von seinem Freund wissen wollen, ob er denn "den Job" auch wirklich mache - gemeint war, ob er die Tat begehe. Die Auswertung von Samuel V.s Handy ergab zudem, dass er in der Nähe des Tatorts in seinem Auto wartete. Die Zeit vertrieb er sich mit dem Anschauen von Pornos auf seinem Handy.

Nur einen Tag nach Auffindung der Leichen am 12. Januar 2020 war die Polizei von einem Familiendrama ausgegangen. Danach habe der Büchsenmacherlehrling zunächst seine Eltern und anschließend sich selbst erschossen. Knapp zwei Wochen später wurden jedoch Maximilian B. und sein Freund Samuel V. in Olching von der Polizei festgenommen. B. legte ein Geständnis ab. Nach der Tat hatte er die Pistole, mit dem er die Familie tötete, so in die Hand des Büchsenmacherlehrlings gelegt, dass es aussah, als habe dieser sich selbst erschossen. Vor der Rückfahrt an seinen Wohnort in Olching lud Maximilian B. die Waffensammlung des 21-Jährigen zusammen mit Samuel V. in dessen Auto.

Maximilian B. äußerte sich in dem Prozess, der Ende August 2021 begonnen hat, erst nach monatelangem Schweigen zu den Vorwürfen. In seiner von ihm verlesenen Erklärung behauptete er, er habe seinen Freund ermordet, weil dieser einen Amoklauf in den Pasing Arcaden verüben wollte. Da sein Freund "immer wieder" von diesem Amoklauf schwadroniert habe, habe er ihn ernst genommen. Der Mord an den Eltern des Büchsenmacherlehrlings sei nicht geplant gewesen. Er sei davon ausgegangen, so B., dass sie zum Tatzeitpunkt verreist sind. Maximilian B.s Angaben zu dem angeblich geplanten Amoklauf seien nicht widerlegbar, sagte Staatsanwältin Julia Wiesenbauer. Zum Vorteil gereichten sie dem Angeklagten aber nicht.

Samuel V. hätte dem Vernehmen nach für seinen Tatbeitrag am Verkauf der Waffensammlung im Darknet beteiligt werden sollen. Laut B. s Erklärung erhofften sich er und Samuel V. 400 000 bis 600 000 Euro. "Den Erlös wollten wir durch Aktien vermehren", so Maximilian B. bei seinem Geständnis.

Die Plädoyers der Verteidigung werden für Anfang März erwartet.

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