Süddeutsche Zeitung

Stadtklinikum München:Operation mit Risiken und Nebenwirkung

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Der Sanierungsplan für das Stadtklinikum empört nicht nur große Teile der Belegschaft, auch Partnerkliniken sind beunruhigt. Denn ob Jugendmedizin oder Naturheilkunde - die Sanierung hätte massive Folgen für andere Häuser.

Von Sebastian Krass

Der Sanierungsplan für das Stadtklinikum empört nicht nur große Teile der Belegschaft. Auch Partnerkliniken reagieren beunruhigt. So droht dem Krankenhaus für Hautkrankheiten und Allergologie, das der städtische Konzern zusammen mit dem Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) betreibt, die Zerschlagung.

Im Sanierungsplan ist vorgesehen, dass das Stadtklinikum den Standort in der Thalkirchner Straße, gegenüber dem Alten Südfriedhof, ganz aufgibt und seine dermatologische Abteilung, die für die stationäre Versorgung in der Hautklinik zuständig ist, nach Neuperlach verlegt. "Das macht die Sache nicht einfacher", sagt ein Sprecher der Uniklinik, die die Ambulanz betreibt. Denn die LMU werde ihre Dermatologie "im Sinne der Lehre in der Innenstadt belassen". Die Studenten, die schon zwischen dem Klinikviertel in der Innenstadt und dem Großklinikum in Großhadern pendeln müssen, sollen nicht auch noch nach Neuperlach geschickt werden.

Die LMU verweist darauf, dass die "seit 1929 etablierte Kooperation" sich bewährt habe. Das Krankenhaus habe "weltweites Renommee und ist bundesweit das größte seiner Art". Der Sprecher betont: "Für Forschung und Lehre wäre es hilfreich, wenn die Einheit aus ambulanter und stationärer Versorgung erhalten bliebe."

Das gilt natürlich auch für die Patienten. Die Uniklinik versucht aber auch zu beruhigen: "Auf absehbare Zeit" bleibe "das gesamte Spektrum der ambulanten und stationären Versorgung" in der Thalkirchner Straße erhalten. Allerdings betonen die Unternehmensberater, die das Sanierungskonzept für das Stadtklinikums erarbeitet haben, dass der Konzern bis 2020 umstrukturiert sein müsse.

Auch aus immobilienwirtschaftlicher Perspektive ist spannend, was aus der Hautklinik von Stadtklinikum und LMU wird. Denn wenn der denkmalgeschützte Komplex frei werden sollte, könnte er attraktiv für eine Wohnnutzung werden. Doch ob er überhaupt ganz frei wird, ist offen. Es sei zu früh zu sagen, ob die Uniklinik ihre dermatologische Sparte auch an einen anderen Standort im Klinikviertel verlegen könne, sagt der Sprecher.

Auch dem Krankenhaus für Naturheilweisen (KfN), das auf dem Gelände der städtischen Klinik Harlaching angesiedelt ist, drohen Probleme. Es ist angewiesen auf die Kooperation mit der Nachbareinrichtung, die von 750 auf 400 bis 500 Betten schrumpfen soll. "Es ist ein Vorgang, der uns berührt und in eine schwierige Situation bringt", erklärt Helmut Pfundstein, Vorsitzender der Stiftung, die hinter dem KfN steht. Derzeit sei das KfN, das 110 Betten hat, "nicht ganz autark". So nutze man Großgeräte der städtischen Klinik, etwa für die Kernspintomografie, mit. Wenn es tatsächlich, wie im Sanierungsplan "Vision 2020" vorgesehen, im dortigen Stadtklinikum keine Innere Medizin und keine Onkologie mehr gebe, müsse das KfN möglicherweise große Anstrengungen unternehmen, "um autark zu werden", sagt Pfundstein. Aber das werde man schaffen.

Die geplante Umstrukturierung der städtischen Krankenhäuser hätte auch Auswirkungen auf das Klinikum rechts der Isar, das zur Technischen Universität (TU) gehört. Es betreibt mit dem Stadtklinikum die Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin am Standort Schwabing. Die TU ist dort für die Ambulanz der Kinderklinik und für Forschung und Lehre zuständig. Der Standort Schwabing soll bei der Sanierung des Stadtklinikums zur Rumpfklinik geschrumpft werden. Zwar soll ein Mutter-Kind-Zentrum erhalten bleiben, es ist aber unklar, ob es den gleichen Umfang wie die derzeitige Kinder- und Jugendklinik haben wird. Zudem ist deren bisherige Anbindung an eine Vollversorgerklinik wichtig für die Attraktivität als Forschungsstandort. Disziplinübergreifendes Arbeiten, wie es die Mediziner der TU propagieren, dürfte am Standort Schwabing kaum noch möglich sein, wenn das dortige Klinikum so verkleinert wird wie geplant. Das Rechts der Isar lehnt es derzeit aber ab, sich zu möglichen Problemen zu äußern. Man wolle Pläne, über die noch nicht entschieden ist, sind, "nicht öffentlich kommentieren".

Auch das Isar-Amper-Klinikum (IAK) wäre von der Degradierung Schwabings betroffen, zumindest am Rande. Erst kürzlich hat das IAK einen Teil seiner Psychiatrie aus Haar auf das Gelände des Klinikums Schwabing verlegt. Der Chefarzt der psychiatrischen Klinik, Herbert Pfeiffer, hatte bei der Eröffnung des 17 Millionen Euro teuren Neubaus im vergangenen Oktober noch gesagt, man hoffe auf gute Kooperation mit dem Stadtklinikum. Die Pflegechefin kündigte an, man wolle "ein ganz normaler Teil" des dort bereits ansässigen Klinikums werden.

Dass dieses in einigen Jahren weitgehend verschwunden sein könnte, kommentiert Pfeiffer jetzt gelassen: "Ich bin vollkommen entspannt, so lange wir in der Nähe eine Notfalleinheit haben." Eine solche soll in Schwabing erhalten bleiben. Ein Sprecher des Isar-Amper-Klinikums erklärt, dass man bisherige Kooperationen mit dem Stadtklinikum, etwa beim Transport von Patienten, aber auch anders organisieren könne: "Wir sind da ein eigenständiger Betrieb."

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SZ vom 10.02.2014
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