St. Michael, Traunstein: Ganz anders als vor 40 Jahren

Eltern betonen, das Priesterseminar habe sich gegenüber der Zeit der Missbrauchs­vorwürfe stark gewandelt

"Schwarze Pädagogik" vom 13./14. Juni:

Der Artikel "Schwarze Pädagogik" hat uns sehr betroffen gemacht; umso mehr, als wir selber Eltern (und Elternbeiratsvorsitzende; d. Red.) sind, deren Kinder das erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein besuchen. Im Beitrag geht es fast ausschließlich um die Erlebnisse eines ehemaligen Seminaristen vor 40 Jahren. Es ist überhaupt keine Frage, dass Kirche und diözesane Verbände sowie alle Verantwortlichen sich diesen Vorwürfen stellen und umfassend alles für deren Aufarbeitung und Opfer tun müssen. Angesichts der Schwere der Anschuldigungen hätten wir uns allerdings gewünscht, dass die Leser auch etwas darüber erfahren, wie das Studienseminar St. Michael heute geführt wird.

So hingegen konnte der Eindruck entstehen, dass das Internat noch heute in diesem Geist einer sogenannten "schwarzen Pädagogik" geführt wird. Indem der Autor die gegenwärtige Situation eingangs lediglich salopp als "Kaderschmiede" beschreibt, ansonsten aber ausblendet, wird dem Leser unterschwellig suggeriert, Machtmissbrauch und Übergriffe gehörten gewissermaßen noch heute zum Wesen dieser Einrichtung.

Es wäre in unseren Augen eine Frage der Fairness gewesen, auch den heutigen pädagogischen Führungsstil des Hauses zu beleuchten, diesen klar von den beschriebenen Missständen der Vergangenheit abzugrenzen und somit Schaden vom heutigen Internat und den derzeitigen Seminaristen abzuwenden. Wir Eltern erleben das Studienseminar St. Michael im Gegenteil als eine ausgesprochen offene und pädagogisch hervorragende Einrichtung, die unseren Kindern in jeder Hinsicht den Weg ins Leben ebnet, ihnen zu einem guten Start und einem festen Stand verhilft. Für uns alle ist St. Michael nicht nur ein Betreuungsort, sondern ein wertvoller Lernort für das Leben: "Herz, Hirn und Hand" - dieses Leitbild hin zum selbstständigen, verantwortlichen, aber auch praktischen Handeln wird hier von allen Mitarbeitern wirklich gelebt und von allen Verantwortlichen hochgehalten.

Wir Eltern und Kinder erfahren höchste Wertschätzung und große Transparenz und werden stets ermutigt, uns an der Entwicklung und Arbeit des Hauses einzubringen und diese mitzugestalten. Es ist uns daher eine Herzensangelegenheit, unsere positiven Erfahrungen mit St. Michael an dieser Stelle öffentlich zu machen und so ein differenzierteres Bild auf die Einrichtung zu ermöglichen. Anna Platz, München, Ute Schleinitz, Neunkirchen am Brand