Süddeutsche Zeitung

Sicherheitspanne am Terminal 2:Flughafenchef wehrt sich gegen Kritik

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Nach dem chaotischen Wochenende am Münchner Flughafen wehren sich der Betreiber und auch die Lufthansa gegen die Kritik, die Passagiere schlecht bis gar nicht informiert zu haben. Die Situation nach der Sperrung des Terminals 2 sei komplett unübersichtlich gewesen, sagte Flughafenchef Michael Kerkloh. Man könne nur informieren, wenn man selbst verlässliche Informationen habe. "Wir haben uns in der Situation so verhalten, wie wir's nur konnten." Auch eine Sprecherin der Lufthansa sagte, die Situation sei extrem schwierig gewesen. Deshalb habe man den Passagieren auch keine verlässlichen Auskünfte erteilen können.

Um das Image des Airports bangt Kerkloh aber nicht. Zumindest, wenn so ein mehrstündiger Totalausfall nicht öfters vorkommt. "Das passiert in anderen Flughäfen auch", sagte Kerkloh am Montag, als er eine erste Bilanz zog. Vor allem die von Passagieren viel gescholtene Fluggesellschaft Lufthansa nahm er in Schutz: Sie habe eine "grandiose Leistung" gezeigt.

Weil eine etwa 40-jährige Frau unkontrolliert durch eine Sicherheitsschleuse gelangt war, stoppte die Bundespolizei Samstagfrüh die Abfertigung und alle Abflüge und räumte den Terminal 2 und das dazugehörige Satelliten-Gebäude. Beide werden nur durch die Lufthansa und ihre Partner-Airlines genutzt und waren für vier bis fünf Stunden gesperrt. Das zog am Samstag und Sonntag chaotische Zustände nach sich. Als der Flugbetrieb wieder aufgenommen wurde, versuchten die Lufthansa-Mitarbeiter laut Kerkloh zwar, Passagiere auf andere Flüge umzubuchen. Dieser Vorgang dauert aber jeweils etwa zehn Minuten - angesichts der schieren Zahl an Betroffenen war die Lufthansa komplett überlastet. Deren Sprecherin sagte, dass es wegen der hohen Auslastung der Maschinen zu Ferienbeginn einfach keine Möglichkeiten gegeben habe, die Passagiere auf einen zeitnahen Flug umzubuchen.

Laut Flughafen-Gesellschaft waren am Samstag 28 844 Passagiere von den Annullierungen betroffen, 2277 bekamen am Sonntag keinen Flug. Dazu die Verwirrung beim Gepäck: 20 000 Taschen und Koffer gingen vorübergehend verloren, inzwischen habe die Hälfte davon ihre Besitzer erreicht, sagte Kerkloh. Dem Flughafen sei ein finanzieller Schaden "im niedrigen einstelligen Millionenbereich" entstanden, unter anderem wegen entgangener Start- und Landegebühren, wegen Umsatzausfällen in Gastronomie und Geschäften und wegen nicht gezahlter Abfertigungsentgelte. Der Flughafen will prüfen, ob und an wen mögliche Schadenersatzforderungen gestellt werden können.

Während sich der Betrieb am Flughafen normalisierte, gaben die Behörden weitere Details bekannt, wie es zu der Sicherheitspanne am Samstag kommen konnte. Demnach ging die Frau durch die Schleuse, wurde dabei aber nicht kontrolliert, "da die zuständige Kontrollkraft für einen kurzen Moment Kontakt mit einer anderen Kontrollkraft aufgenommen hatte", wie eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern erklärte. Zu dieser Behörde gehört das für die Kontrollen zuständige Luftamt Südbayern. Eine dritte Person bemerkte diesen Fehler, bat einen Kollegen darum, die Passagierin zurückzuholen - der aber brachte eine andere Frau zur Sicherheitsschleuse zurück. Die gesuchte war bereits verschwunden. Wer sie war, fand das Luftamt erst fast zehn Stunden später heraus, nachdem es die Geräte ausgewertet hatte, die die Bordkarten auslesen - die Frau war davongeflogen, noch bevor die Bundespolizei jegliche Abfertigung gestoppt hatte.

Die Gewerkschaft Verdi ist von dem Vorfall nicht überrascht: "Das war zu erwarten", sagte Ulrich Feder, Gewerkschaftssekretär am Flughafen. Die Abstände zwischen Gepäckbändern und Scannern seien relativ groß, da könne man leicht hindurchgehen. Die Kontrollen machen Mitarbeiter einer staatlichen Firma, der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München mbH (SGM). Einige Mitarbeiter wie auch Feder berichten von hohem Druck auf sie, von stressigen Arbeitsbedingungen, gerade an Tagen mit hohem Andrang. Viele SGM-Mitarbeiter übernähmen zudem zusätzliche Schichten, um sich etwas dazuzuverdienen, darunter leide die Konzentration.

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SZ vom 31.07.2018 / bm, ratz, schub
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