Süddeutsche Zeitung

Vor Gericht in München:Schönheits-OPs ohne Approbation

Lesezeit: 2 min

Von Stephan Handel

Auf den Sitzungslisten der Münchner Gerichte finden sich in jeder Woche mehrfach Verhandlungen gegen Ärzte und Kliniken - Patienten klagen auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz, weil eine Behandlung nicht so funktionierte, wie sie sich das vorstellten. In den meisten Fällen kommt nichts dabei heraus, was wahrscheinlich als Beleg dafür gelten kann, dass die allermeisten Ärzte ihren Beruf gewissenhaft ausüben. Was aber hat es zu bedeuten, wenn ein Mediziner seit Jahren immer wieder mit Zivil- und Verwaltungsgerichtsverfahren zu tun hat, schließlich sogar vor dem Strafrichter landet?

Thomas S. ist Schönheitschirurg, "promovierter Arzt!", wie er gleich zu Beginn des Prozesses vor dem Amtsgericht betont. Allerdings ist es ihm derzeit verboten, in seinem Beruf zu arbeiten. Das Gesundheitsreferat der Stadt (RGU) und die Regierung von Oberbayern fanden die hygienischen Verhältnisse in seiner Praxis in Bogenhausen nicht ausreichend, verboten ihm zunächst bestimmte Behandlungen, schließlich wurde ihm die Approbation entzogen. Seine Klage dagegen hat das Verwaltungsgericht zunächst abgewiesen. Zivilrechtlich hatte er mit diversen Schadenersatzklagen unzufriedener Patientinnen zu tun, deren Bestreben, ihre Oberweite zu optimieren - oftmals aus beruflichen Gründen - nicht zum erhofften Ergebnis führte.

Der Staatsanwalt interessierte sich dann aber aus anderen Gründen für Thomas S.: Nach dem Entzug der Approbation soll er weiterhin operiert haben, was nicht nur als "unerlaubte Ausübung der Heilkunde" strafbar wäre, sondern auch als gefährliche Körperverletzung - wer nicht die Erlaubnis hat, als Arzt zu arbeiten, darf auch nicht anderen Menschen ins Fleisch schneiden.

Die Stadt hatte kritisiert, dass bei verschiedenen Eingriffen kein Anästhesist anwesend war

Über seine Verteidigerin Ricarda Lang weist Thomas S. sämtliche Vorwürfe zurück. Den Brief mit dem Approbationsentzug habe er nicht im November 2014 erhalten, sondern erst ein Jahr später, die medizinischen Einschätzungen seiner Methoden seien fehlerhaft, die Behörde inkompetent. So hatte das RGU kritisiert, dass bei verschiedenen Eingriffen kein Anästhesist anwesend war. Nicht notwendig, sagt S. - die Patientinnen seien nicht narkotisiert gewesen, sondern nur in einem Dämmerschlaf, das könne er alleine steuern. Und sowieso sei das alles ein Komplott gegen ihn, inszeniert von Chefärzten, die zum Teil noch aus NS-Zeiten auf ihren Lehrstühlen überdauert hätten und nun voll Neid seien auf seine Methoden und seinen Erfolg. Außerdem sei er ja kein Schönheitschirurg, sondern endoskopischer Mikrochirurg, während die städtische Mitarbeiterin, mit der er hauptsächlich im Streit liegt, Internistin sei und mithin sowieso nicht beurteilen könne, was er da mache.

Mit dieser Argumentation hatte S. schon vor dem Verwaltungsgericht um den Wiedererhalt seiner Approbation gekämpft - bislang ohne Erfolg. Auch die Amtsrichterin schaut eher skeptisch und liest einen Brief vor, den S. an das RGU geschrieben hat, und zwar nach dem Entzug der Approbation, die S. ja nach seinen Angaben nicht - beziehungsweise erst ein Jahr später - erhalten hat. In dem Schreiben bezieht er sich allerdings auf diese Vorwürfe. Wie das sein kann, kann er nicht so recht erklären. Für den Prozess sind noch drei Termine angesetzt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4170813
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.10.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.