Süddeutsche Zeitung

Kindertheater:Schlaf, Problembär, schlaf

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Mit der fabelhaften Komödie "Tiere im Hotel" eröffnet die Schauburg ihre neue Spielzeit.

Von Barbara Hordych, München

Manch überraschende Beförderung resultiert daraus, dass die Vorgesetzten eine unangenehme Aufgabe nebst dazugehöriger Verantwortung lieber abgeben möchten. Diese Erfahrung macht das Kaninchen Bellhop als Hotelpage im Grand Hotel, in dem sich die Gäste laut Werbeslogan "von den Strapazen in der freien Wildbahn erholen können". Es ist der erste Arbeitstag des Kaninchens (Helene Schmitt) in der ehemals noblen Unterkunft, in der die lindgrüne Sitzgruppe wie auch die rostroten Rohre vom Zahn der Zeit angenagt sind. Per Videoschaltung meldet sich der Direktor aus der Flughafen-Abflughalle zu Wort, eine dringende Konferenz in der Südsee rufe. Das Kaninchen solle statt seiner den Betrieb managen - dafür werde es sofort zum "Hasen" und zum "stellvertretenden Hoteldirektor" befördert.

Dass dahinter etwas ganz anderes steckt, ahnt das Publikum schneller als der liebenswert-aufgeregte Page bei der Premiere von Gertrud Pigors Komödie "Tiere im Hotel", mit der die Schauburg die neue Spielzeit eröffnet. Und tatsächlich naht schon die Gefahr in Gestalt eines VIP, ausbuchstabiert "Wichtigbär" (in einer pandemiebedingten Besetzungsrochade verkörpert von Ensemble-Neuzugang David Campling).

Der gefräßige Tyrann verlangt seinen Winterschlaf in der Edelsuite zu verbringen, weshalb Bellhop für die nötige Ruhe sorgen soll. Eine schier unlösbare Aufgabe bei all den vielgestaltigen Besuchern, die da anrücken. Allen voran eine Bande Waschbären, die sich als unter Artenschutz stehende "kanadische Kleinbären" ausgeben. In Wirklichkeit handelt es sich bei ihnen um Honig schmuggelnde Waschbären, wie ein Wanderfalke (Simone Oswald) mit Sherlock-Holmes-Gespür herausfindet. Und dann gilt es das von seinen Eltern vermisste Küken Henry zu retten, Futter in spe für den Wichtigbären. Dass der von all dem Trubel wachgerüttelt wird, überrascht nicht. Trotzdem gelingt es dem tapferen Bellhop immer wieder, ihn mit Schlafliedern zu beruhigen, am Ende unterstützt von allen anderen Gästen. Dieser Zusammenhalt über alle Gattungen hinweg ist in der von Marcelo Diaz temporeich inszenierten Fabel sehr schön anzusehen. Dennoch bleibt die Frage: Kann es des Rätsels Lösung sein, Tyrannen in den Schlaf zu wiegen?

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