Süddeutsche Zeitung

Nymphenburger Kanal:Rettungsübung: "Auf keinen Fall der Person im Wasser die Hand geben"

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Es kommt immer wieder vor, dass Kinder oder Erwachsene durchs Eis brechen. Oder Hunde - und ihre Herrchen springen hinterher. Die Feuerwehr München trainierte jetzt den Ernstfall. Ohne Hund.

Von Thomas Schmidt

Das Eis auf dem Nymphenburger Kanal wirkt dick und sicher, Kinder gleiten auf Schlittschuhen sanft hinüber, Eisstockschützen peilen konzentriert die Daube an. Aber keine hundert Meter entfernt ist das Eis plötzlich gar nicht mehr so sicher, dort, wo sich eine Steinbrücke über das Wasser erstreckt, klafft ein metergroßes Loch. Eis ist tückisch. "Ich bin gestern selbst aus Versehen mit dem Fuß eingebrochen", berichtet Klaus Heimlich. Ausgerechnet er!

Heimlich ist Sprecher der Münchner Berufsfeuerwehr und führt am Donnerstagvormittag eine Rettungsübung vor der Kulisse des Nymphenburger Schlosses durch. Lufttemperatur: minus acht Grad. Wassertemperatur: kuschelige vier Grad plus.

Es kommt immer wieder vor, dass Kinder oder Erwachsene durchs Eis brechen. Oder Hunde - und ihre Herrchen springen hinterher und setzen damit ihr eigenes Leben aufs Spiel. Dennoch hat die Wasserrettung der Feuerwehr in der kalten Jahreszeit weit weniger zu tun als im Sommer.

Vier Personen musste sie im vergangenen Winter aus dem Wasser holen, im Sommer war die Zahl etwa fünfmal so hoch. Der letzte Todesfall nach einem Einbruch im Eis, schätzt Heimlich, liege mehr als 20 Jahre zurück. Die Gefahr sollte man deswegen aber nicht unterschätzen. Im eiskalten Bach kann sich ein Mensch in der Regel nur etwa drei Minuten über Wasser halten.

Während sich zwei Feuerwehrtaucher am Kanal gerade zu Übungszwecken in ihre Neoprenanzüge zwängen - dieselben, die sie auch im Sommer benutzen - erklärt Heimlich, was zu tun ist, wenn jemand einbricht: Die 112 wählen, klar. Aber sonst?

"Auf keinen Fall der Person im Wasser die Hand geben", rät er. Sonst besteht die Gefahr, selbst ins Wasser gezogen zu werden. "Nähern Sie sich dem Eingebrochenen liegend", sagt Heimlich, "und reichen Sie der Person etwas zum Festhalten." Eine Leiter, einen Ast, einen Schlitten, einen Schal - egal, Hauptsache, der Verunglückte taucht nicht unter, bis die Feuerwehr eintrifft.

Im Ernstfall ziehen deren Taucher ihre Ausrüstung schon auf dem Weg zur Wasserstelle an und können sofort hineinspringen, um der Person aufs Trockene zu helfen. Oder, im schlimmsten Fall, unter das Eis tauchen und nach dem Opfer suchen. 20 bis 25 Minuten halten die Feuerwehrtaucher in ihren Nassanzügen im eiskalten Wasser aus, dann müssen auch sie wieder zurück an Land. Dort sollte man auch bleiben, wenn die Eisdecke nicht mindestens 15 Zentimeter dick ist.

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Quelle:
SZ vom 02.03.2018
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