Süddeutsche Zeitung

Yol:Türkische Taverne mit bayerischem Anstrich

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Einfache Speisen für ein altlinksalternatives Publikum: Das Yol im Dreimühlenviertel hat sich den Charme einer Arbeiterkneipe bewahrt. Die Gerichte sind nicht sonderlich kreativ, sie überzeugen aber durch unschlagbare Preise.

Von Thierry Backes

Dunkle Holztische, Korblampen, Wirtshaustühle: Die türkische Taverne Yol im Dreimühlenviertel gibt sich einen bayerischen Anstrich. Sie hat, davon zeugen etwa die unverputzten Wände oder die auf einen einfachen Notizblock gekritzelte Rechnung am Ende, den Charme einer Arbeiterkneipe. Und dann ist da noch das Filmplakat, das dem Lokal seinen Namen gegeben hat und das an der türkisfarbenen Holzvertäfelung hinten in der Einraumgaststätte hängt.

Der Film "Yol" ("Der Weg") nämlich erzählt die Geschichte von drei kurdischen Strafgefangenen in der Türkei nach dem Militärputsch von 1980. Das Epos, das 1982 mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet wurde, ist ein sehr politischer, ein sehr linker Streifen, der zum Teil heimlich gedreht wurde. Und das nicht von Regisseur Yılmaz Güney selbst, sondern von einem seiner Mitarbeiter. Güney selbst saß damals wegen eines nicht zweifelsfrei geklärten Totschlags noch im Gefängnis.

Man tut Yol-Wirt Aydin Aslan also bestimmt kein Unrecht, wenn man schreibt, dass sein Lokal ein etwas älteres, altlinksalternatives Publikum aus der Nachbarschaft anzieht. Er hat das Yol schon einmal betrieben, von 1984 bis 2008, ehe ihn ein vermeintlicher Krebs zum Frührentner machte. Die Diagnose stellte sich dann aber als falsch heraus, und so erhielt Aslan eine zweite Chance: Seit Anfang des Jahres erfreut er seine Gäste wieder mit einfachen türkischen Gerichten.

Den gemischten Vorspeisenteller - etwa mit der Fischreme Tarama, mit Spinatjoghurt und einem Ezme-Salat (Tomaten, Zwiebeln und Petersilie) - gibt es hier für unschlagbare vier Euro die Portion, und die reicht locker für den kleinen Hunger. Die mit Käse und Petersilie gefüllten "Teigfingerchen", die unter dem Namen Sigara Böregi auf der Karte steht (ebenfalls vier Euro), sind uns etwas zu trocken, es mangelt zudem an Petersilie. Aber wir wollen bei dem Preis nicht meckern.

Und fragen uns lieber, ob der Neigungsgrad der Kerze auf unserem Tisch eine Gefahr für den Brotkorb darunter darstellt. Ein Kellner hat sie mit einem flotten Handgriff in den mit Wachs überwucherten Messingständer gestopft. Nun steht sie so schief, dass wir das Brot lieber zur Seite stellen.

Als Hauptspeise bestellen wir die Lammspieße auf Joghurtsoße (13,50) und mit Käse gefüllte Hackfleischbällchen von der Tageskarte (9,50). Das sind beides Gerichte, die bei vielen anderen türkischen Restaurants auch zu haben sind. Das Yol zeichnet sich leider nicht durch eine besonders kreative Karte aus. Muss es vielleicht aber auch gar nicht. Was hier überzeugt, sind die Preise, dafür gibt es reichlich Essen, solide zubereitet. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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