Süddeutsche Zeitung

Prozess:Unerwünschter Einblick auf dem roten Teppich

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Von Ekkehard Müller-Jentsch

Sie steigt vor dem roten Teppich elegant aus der Limousine, das langgeschlitzte Kleid gibt einen Moment lang einen zu tiefen Einblick frei - und schon klicken die Kameras. Laura Wontorra, Tochter des Sportmoderators Jörg Wontorra, will diese Szene aus der Öffentlichkeit verschwinden lassen. Deshalb streitet sie mit Bild vor der Pressekammer am Landgericht München I. Einen ersten Erfolg hat sie nun errungen: Das Gericht hat eine einstweilige Verfügung gegen die Boulevardzeitung bestätigt und die weitere Verbreitung der intimen Momentaufnahme untersagt.

Es passierte bei der Verleihung der Goldenen Kamera am 6. Februar 2016. Natürlich war die Sportreporterin grundsätzlich damit einverstanden, dass ihr Auftritt auf dem roten Teppich von zahllosen Fotografen begleitet wurde. "Aber ersichtlich nicht mit der Veröffentlichung von Aufnahmen dieser Art", hieß es nun vor Gericht. Die Veröffentlichung des Höschen-Fotos verletze trotz des öffentlichen Auftritts die Intimsphäre der 27-Jährigen.

Bild konterte, es habe sich "um einen inszenierten Auftritt" gehandelt. Immerhin sei die Verleihung der Goldenen Kamera ein zeitgeschichtliches Ereignis und Laura Wontorra durchaus prominent: Dabei bestehe kein Anspruch darauf, nur so dargestellt zu werden, wie man es sich wünsche, sondern auch Missgeschicke könnten entsprechend in Bildern veröffentlicht werden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass sie sich selbst gezielt mit Bildern in Badekleidung in sozialen Netzwerken bewege, so Bild.

Das Gericht jedoch glaubte nicht, dass es Laura Wontorra bewusst war, dass beim Aussteigen ihr Kleid verrutschte und darunter ihre nicht blickdichte Unterhose sichtbar wurde. Als Fernsehmoderatorin sei sie zwar eine Person des öffentlichen Lebens und damit eine Person aus dem Bereich der Zeitgeschichte, stellt das Gericht fest. Und sie habe auch an einer öffentlichen Veranstaltung teilgenommen. "Gleichwohl ist damit nicht jede Bildveröffentlichung auch ohne Einwilligung zulässig", sagt das Gericht. "Auch eine Person der Zeitgeschichte ist im Hinblick auf ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht völlig schutzlos gestellt."

Grundsätzlich müsse solch eine Person Veröffentlichungen aus ihrer Öffentlichkeitssphäre auch dann hinnehmen, wenn die Aufnahmen für sie unvorteilhaft seien. Die hier umstrittene Situation werde aber nicht nur von der Betroffenen, sondern auch von vielen Lesern als unangenehm oder peinlich empfunden, so die Kammer. "Bei Abwägung dieser Interessen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem berichteten Geschehen um ein vergleichsweise belangloses Ereignis handelte, welches auch durch eine Wortberichterstattung adäquat darstellbar gewesen wäre", heißt es im Urteil.

Selbst wenn man von der Notwendigkeit einer Bilddokumentation ausgehen würde, "hätte die Möglichkeit bestanden, gerade den dem Blick freigegebenen Intimbereich drucktechnisch etwa durch einen Stern, einen Balken oder andere geeignete Verdeckungen zu schützen." Das Urteil (Az.: 9 O 3610/16) ist nicht rechtskräftig.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2016
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