Süddeutsche Zeitung

Prozess:Kraftfahrer rächt sich an Reinigungskraft

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Von Thomas Anlauf

Aus Rache hat ein Kraftfahrer aus München eine Reinigungskraft geschlagen und verletzt. Wegen Körperverletzung wurde der 50-Jährige deshalb am Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Bis zuletzt beharrte der Mann in der Hauptverhandlung vor Gericht darauf, dass es sein gutes Recht gewesen sei, das Opfer zu schlagen, nachdem die Justizbehörden versagt hätten.

Die Vorgeschichte liegt bereits zwei Jahre zurück. Damals hatte der Mann gegen die Frau geklagt, weil er angeblich von ihr mit einem Wischmopp geschlagen und bei anderen Gelegenheiten beleidigt und bespuckt worden sei. Doch das damals bei der Staatsanwaltschaft München I geführte Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Im Januar dieses Jahres nun verübte der 50-Jährige Selbstjustiz: Am Arbeitsplatz der Frau näherte er sich nach Überzeugung des Gerichts von hinten und versetzte ihr mindestens drei Schläge gegen den Kopf, wobei er sie seitlich an der linken Schläfe, dem linken Auge und am Hinterkopf traf. Die Frau erlitt Hämatome und eine Schädelprellung und wurde mit einem Rettungswagen ins Klinikum Rechts der Isar gebracht. Nach eigenen Aussagen leidet die Frau bis heute unter Angstzuständen und Schlaflosigkeit.

Der Angeklagte räumte in der Verhandlung ein, dass er der Frau eine Ohrfeige gegeben hatte. Diese habe sie durch ihr Verhalten zwei Jahre zuvor billigend in Kauf genommen, argumentierte er. Eine Kollegin des Opfers, die als Zeugin aussagte, bestätigte die Version der Frau weitgehend, wonach sie zunächst einen heftigen Schlag auf den Kopf erhalten habe und zu Boden gegangen sei. Laut Gericht sagte die Zeugin: "Ich habe ihn auf den Vorfall angesprochen. Ich fragte, warum er das macht. Er sagte: Auge um Auge, Zahn um Zahn."

Die Richterin folgte den Angaben des Opfers und ihrer Kollegin. Eine Notwehr- oder Notstandslage habe nicht mehr bestanden, der Angeklagte habe aus reiner Rachsucht gehandelt. Zu Lasten des Angeklagten legte die Richterin aus, dass sich dieser in keiner Weise schuldeinsichtig zeigte. Zudem war er wegen eines Diebstahls bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, beide Beteiligten haben Berufung eingelegt.

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Quelle:
SZ vom 16.08.2019
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