Süddeutsche Zeitung

Prozess in München:"Er wollte sie töten, wenn sie weiter Nein sagt"

Lesezeit: 2 min

Von Susi Wimmer, München

"Und in zwölf Jahren, da kommt er aus dem Gefängnis und kann wieder einen Menschen töten?" Bei den Angehörigen herrscht Fassungslosigkeit nach dem Urteil gegen Angel R., den Mann, der im September 2015 auf der Thalkirchner Straße die 28 Jahre alte Schwester seiner Ex-Freundin getötet hat.

Die Kammer unter Vorsitz von Michael Höhne sah keine Mordmerkmale erfüllt und verurteilte den 39-Jährigen wegen Totschlags zu einer Haftstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten. "Betroffen macht uns", sagte Höhne am Ende, "dass ein vier Jahre alter Bub durch die Hand seines Onkels seine geliebte Mutter verloren hat".

Der Prozess endete so, wie er angefangen hatte: Mit einem selbstmitleidigen, vor sich hin jammernden Angeklagten, der bei der Urteilsverkündung plötzlich ein diabolisches Grinsen zur Schau trug, während weinende Angehörige im Zuschauerraum saßen.

Das Gericht stufte Angel R. als einen jähzornigen und gewalttätigen Mann ein, der seine Freundin schlug und trat, "wenn sie sich nicht angemessen verhielt oder Widerworte hatte". Im April 2014 schaffte es Snezhana K., sich von ihm zu trennen. Sie erwirkte ein Kontaktverbot, das Sozialreferat fürchtete um das Wohl der beiden Kinder und verbot dem Vater den Umgang.

Doch Angel R. war das egal. Er stalkte Snezhana K., bedrohte sie und als sie am Tattag erneut ein Treffen mit ihm und den Kindern ablehnte, steckte er ein Messer, das zum Häuten von Tieren gedacht ist, in seine Jacke und wollte sie zur Rede stellen. "Er wollte sie töten, wenn sie weiter Nein sagt", so das Gericht.

Vor der Pizzeria, wo Snezhana K. arbeitete, traf er auf ihre Schwester Diana K. Die stellte ihn mit harschen Worten zur Rede. Angel R. schlug ihr mit der Faust ins Gesicht, dann zog er blitzschnell ein Messer. Die Versionen von einem "tragischen Unfall", die der Angeklagte in unterschiedlichen Abhandlungen vortrug, seien "reine Schutzbehauptungen", so das Gericht.

Die Kammer ging nicht von einer Tötungsabsicht aus, sie konnte in ihrer eineinhalbstündigen Urteilsbegründung auch nicht die Mordmerkmale von einem arg- und wehrlosen Opfer sehen und auch keine niedrigen Beweggründe.

Bei guter Führung und Anrechnung der eineinhalbjährigen Untersuchungshaft könnte Angel R. schon weitaus früher als im Jahr 2029 aus der Haft entlassen werden. Gewaltopfer Snezhana K., die den Prozess um den Tod ihrer Schwester verfolgt hatte, verließ mit geschocktem Gesichtsausdruck den Gerichtssaal. Ob die Staatsanwaltschaft in Revision geht, ist noch unklar.

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Quelle:
SZ vom 04.03.2017
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