Süddeutsche Zeitung

Prozess am Amtsgericht:Mann klagt gewerbsmäßig gegen Diskriminierung in Stellenanzeigen

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Von Stephan Handel

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll die Gleichberechtigung fördern und Diskriminierung verhindern. Es ist ganz sicher nicht dazu gedacht, damit Geld herauszuschlagen. Genau das hat ein 43-jähriger Münchner aber getan, bis das Amtsgericht ihm nun die Tour vermasselt hat.

In dem Fall ging es um die Stellenausschreibung einer Sportmarketing-Firma. Sie hatte per Inserat eine "nette weibliche Telefonstimme" gesucht. Der spätere Kläger hatte sich per E-Mail beworben und eine Absage erhalten. Nun klagte er gegen die Ablehnung.

Die Stellenanzeige sei geschlechterdiskriminierend gewesen, so die Begründung des 43-Jährigen. Deswegen forderte er 2140 Euro Entschädigung und Schadenersatz. Die beklagte Firma weigerte sich zu zahlen: Erstens sei der Kläger gelernter Bankkaufmann und somit für die ausgeschriebene Stelle überqualifiziert. Und zweitens sei seine Bewerbung nicht ernst gemeint gewesen, er sei vielmehr ein "AGG-Hopper".

Das sah auch das Gericht so: Bei der Bewerbung handele es sich offensichtlich um eine Art Rundschreiben, das kaum einen Bezug zu der ausgeschriebenen Stelle aufweise. Zudem kenne das Gericht seine Pappenheimer: "Nicht unberücksichtigt bleiben kann zudem der Umstand", heißt es in dem Urteil, "dass der Kläger bereits zahlreiche weitere AGG-Klagen angestrengt hat. Der Kläger ist am Amtsgericht München bereits gerichtsbekannt, hinzu kommen weitere Klagen, unter anderem auch vor dem Arbeitsgericht."

Zudem war dem Kläger ein dummer Fehler passiert: Bei einer seiner Eingaben an das Gericht war wohl versehentlich ein nicht dafür gedachtes Schreiben mitgeschickt worden. Darin schreibt der Kläger offenbar an einen Bekannten, dass er mit seinen "AGG-Klagen insgesamt 1010 Euro" verdient habe und unter anderem davon gut leben könne.

Das reichte dem Gericht, um die Klage abzuweisen: Zwar habe die beklagte Firma mit ihrer Anzeige gegen die Vorgaben des AGG verstoßen - der Kläger habe dennoch keine Ansprüche gegen sie, er betreibe nämlich gewerbsmäßig missbräuchliche AGG-Klagen, um damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Interessant ist hierbei das Wort "gewerbsmäßig" - das könnte nämlich bedeuten, dass sich nun auch das Finanzamt für die Einnahmen aus den Schau-Klagen interessieren könnte. Das Urteil ist rechtskräftig, eine Berufung wurde vom Landgericht zurückgewiesen. (AZ: 173 C 8860/16)

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Quelle:
SZ vom 24.07.2017
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