Süddeutsche Zeitung

Perspektive: München:Wachstumsbeschleuniger

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Die Wirtschaft profitiert massiv - und die Stadt auch

Von Dominik Hutter, München

Es ist kein Zufall, dass die Lufthansa von München aus nach Charlotte in North Carolina fliegt. Die Stadt liegt nicht weit von Spartanburg entfernt, wo der Autobauer BMW ein Werk betreibt. Für die Münchner Wirtschaft ist das Drehkreuz im Erdinger Moos von größter Bedeutung. Vom zweitgrößten deutschen Flughafen aus gibt es inzwischen Verbindungen zu 257 Zielen in 73 Ländern. Viele davon befinden sich auf anderen Kontinenten, in den USA vor allem, in China, aber auch in Indien, Südafrika, Mexiko oder Brasilien. Davon profitieren Geschäftsleute, die sich wegen der vielen Direktflüge nervige Umsteige-Aktionen ersparen können. Aber auch für Münchner mit Urlaubsambitionen ist ein möglichst großes Sortiment an Flugzielen attraktiv. Münchner müssen deutlich seltener umsteigen als Berliner oder Hamburger.

Dass vor 25 Jahren ein neuer Flughafen eröffnet wurde, brachte aber nicht nur einen Schub für die wirtschaftliche Entwicklung, er hatte auch immense Auswirkungen auf die Stadtplanung. Gäbe es den vergleichsweise winzigen Riemer Airport noch, könnte heute niemand am Bavariapark wohnen. Vielleicht gäbe es den dortigen Biergarten nicht, das Deutsche Museum würde aus allen Nähten platzen und es ist höchst wahrscheinlich, dass die Münchner Messe längst den Anschluss ans internationale Messegeschehen verloren hätte. Der Umzug von 1992 hat in der Stadt eine Rochade weiterer Umzüge und den Bau neuer Wohnviertel ausgelöst. Auch das Nachtleben hat profitiert: In den leer stehenden Riesenhallen in Riem entstand das erste große Konglomerat aus Clubs und Konzerthallen, der Vorläufer der späteren Kultfabrik am Ostbahnhof.

Bis die langgestreckten Terminalbauten in Riem abgebrochen wurden, vergingen nach dem Umzug noch mehrere Jahre. In der Zwischenzeit pilgerten die Münchner für Konzerte, Raves, Partys, Open-Air-Festivals und Flohmärkte auf das Areal, das einst dem Flugverkehr vorbehalten war. Legendär ist das letzte Konzert der Grunge-Band Nirvana, das am 1. Mai 1994 im "Terminal 1" stattfand - einen Monat vor dem Tod von Sänger Kurt Cobain. Bis 1996 tobte das Nachtleben am alten Flughafen Riem.

Doch die Flächen im Münchner Osten waren für ein neues Messegelände vorgesehen - viel größer als das bisherige, das an der Schwanthalerhöhe regelmäßig für chaotische Verkehrsverhältnisse sorgte. 1998 war es so weit: Die Messe zog in die neuen Riemer Hallen und hinterließ ein Innenstadtareal in bester Lage. Der U-Bahnhof Messegelände wurde in Schwanthalerhöhe umgetauft, neue Wohnquartiere entstanden, und in die denkmalgeschützten Jahrhundertwende-Hallen der alten Messe zog das Verkehrszentrum des Deutschen Museums. Das wiederum schuf Platz auf der Museumsinsel. Der Bavariapark, der bislang eingezäunt war und nur Messebesuchern offenstand, konnte für jedermann geöffnet werden.

Auch Riem hat sich komplett verändert. Dort stehen neben dem neuen Kongresszentrum 16 Messehallen, zwei weitere werden gerade gebaut. Wo 2005 die Bundesgartenschau stattfand, befindet sich nun ein Park für die nahegelegenen Wohnquartiere.

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Quelle:
SZ vom 16.05.2017
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