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Pegida-Demos:Kein Mittel gegen rechts

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Von Dominik Hutter

Die nach der Pegida-Demonstration vom Montag diskutierte Verschärfung des Demonstrationsrechts ist nach Auskunft des bayerischen Innenministeriums aus juristischen Gründen nicht möglich. Laut Sprecher Stefan Frey ist der entsprechende Gesetzesartikel exakt so formuliert, dass er den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht - er schöpfe also die rechtlichen Möglichkeiten bereits aus. Weitergehende Einschränkungen seien nicht möglich.

Warum die Behörden an der Justiz scheitern

Die Debatte über den Artikel 15 des bayerischen Versammlungsgesetzes war nach einer Niederlage der Landeshauptstadt München vor dem Verwaltungsgericht aufgekommen. Sowohl Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle als auch die Grünen hatten angeregt, den Text so umzuformulieren, dass historisch sensible Orte in der Stadt besser vor Demonstrationen rechtsgerichteter Organisationen geschützt werden können. Entsprechende Anstrengungen der Behörden sind bereits mehrfach an der Justiz gescheitert. Zuletzt hatte das Kreisverwaltungsreferat die geplante Routenführung für eine Pegida-Demonstration nicht erlauben wollen, weil auf der Wegstrecke zahlreiche heikle Orte mit NS-Bezug liegen - der Königsplatz etwa, das NS-Dokumentationszentrum, der Platz der Opfer des Nationalsozialismus oder auch die Feldherrnhalle am Odeonsplatz.

An den Pegida-Demonstrationen in München nehmen regelmäßig polizeibekannte Neonazis teil, es werden Parolen wie "Volksverräter" skandiert. Mit der von der Behörde vorgeschlagene Ersatzroute war Pegida jedoch nicht einverstanden und setzte gerichtlich seinen ursprünglichen Plan durch.

Wie das Gericht seine Entscheidung begründet

Das Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass das Thema der gegen Flüchtlinge gerichteten Demo keinen direkten Bezug zur NS-Zeit aufweise. Der Artikel 15 erlaubt das Verbot einer Veranstaltung oder aber behördliche Auflagen nur dann, wenn sie an einem Tag oder Ort mit Symbolkraft für die NS-Diktatur stattfinden soll und entweder die Würde der NS-Opfer beeinträchtigt werden kann oder die "unmittelbare Gefahr einer erheblichen Verletzung grundlegender sozialer oder ethischer Anschauungen besteht". Ein weiterer Verbotsgrund wäre es, wenn durch die Veranstaltung die NS-Herrschaft gebilligt, verherrlicht oder verharmlost wird und so die Würde der NS-Opfer beeinträchtigt werden kann.

Diese Gefahr sah das Verwaltungsgericht nicht - weshalb Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle findet, das Gesetz sei "sehr eng formuliert". Das ursprüngliche Ziel sei es gewesen, historische Orte zu schützen, was der Artikel 15 offensichtlich nur eingeschränkt ermögliche. Der Gesetzespassus ist vor allem unter dem Namen "Wunsiedel-Paragraph" bekannt. Er sollte die Neonazi-Gedenkmärsche für Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß unterbinden.

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SZ vom 21.09.2015
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