Süddeutsche Zeitung

Panne bei der Kommunalwahl:Spiegel-Affäre in Neuhausen

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In einem Wahllokal in Neuhausen ist es am Sonntag nur bedingt geheim zugegangen. Spiegel über den Wahlkabinen zeigten, was der Nachbar gerade so wählt. Auswirkungen auf den Wahlausgang hat das wohl nicht, eine Frage stellt sich aber: Was passiert bei der Stichwahl?

Von Thomas Anlauf

Es gibt derzeit ganz offensichtliche Wünsche nach Wahlempfehlungen, das betrifft vor allem die beiden verbliebenen OB-Kandidaten Dieter Reiter (SPD) und Josef Schmid (CSU). Aber bereits am vergangenen Wahlsonntag gab es schon genügend Tipps fürs Kreuzerl, und wer sie haben wollte, der konnte sie entdecken. Und zwar an der Decke eines Wahllokals. In einem Tagungsraum des Ausbildungshotels St. Theresia an der Hanebergstraße 8 zeigten nämlich zahlreiche Spiegel über den Wahlkabinen, was der Nachbar gerade so wählt.

Das Ganze ist also nicht ganz im Sinne des Wahlgeheimnisses verlaufen. "Da brauchen wir nicht drum rum reden", sagt der stellvertretende Wahlleiter Peter Günther. "Das war unglücklich." Münchens Chefauszähler hatte erst von der SZ erfahren, dass es in dem Wahllokal in Neuhausen am Sonntag nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.

Ein Wähler hatte zurecht moniert, dass man über die in der Decke eingelassenen Spiegel nachschauen konnte, was der Nachbar nebenan wählte. Günther schickte auf den Vorwurf hin seine Wahlexperten los und die mussten die Causa einräumen: "Das Wahlgeheimnis ist dort nur bedingt gewahrt worden."

Dem zuständigen Wahlvorstand hätte es auffallen müssen

Konsequenzen für den Ausgang der Stadtratswahl hat die missliche Wahl des Lokals wohl nicht, da die dort abgegebenen Stimmen keinen nennenswerten Einfluss auf das Gesamtergebnis gehabt hätten, sagt Günther. Trotzdem ist die Sache irgendwie peinlich.

Dem zuständigen Wahlvorstand hätte es auffallen müssen, dass die niedrige Decke mit zahlreichen quadratischen Spiegeln versehen war, was übrigens auch auf der Homepage des Hauses deutlich zu sehen ist. Dem Münchner Wahlleiter kann man daraus freilich keinen Vorwurf machen. Er muss sich auf seine Leute am Ort verlassen. In München gab es diesmal schließlich 702 Wahllokale.

Deshalb soll nun der verantwortliche Wahlvorstand eine Stellungnahme zu dem Fall abgeben. Nach SZ-Informationen sind nämlich schon am Wahlsonntag die Wahlhelfer auf die Spiegel-Affäre angesprochen worden - ohne Konsequenzen zu ziehen. Günther ist eigentlich dankbar, wenn er derartige Pannenmeldungen erhält, dafür ist eigens eine Hotline für Wähler und Wahlhelfer eingerichtet.

So gebe es Fälle, dass Wahlplakate direkt vor dem Eingang des Abstimmungslokals stehen. Dann würden diese auch umgehend entfernt. Und seine Leute würden immer wieder darauf hingewiesen, dass Abstimmungskabinen, die sich im Erdgeschoss eines Gebäudes befinden, nicht direkt vor einem Fenster stehen dürfen, damit sie nicht von außen einsehbar sind.

Wie nun mit dem Wahllokal an der Hanebergstraße verfahren wird, muss sich noch herausstellen. Es soll Gespräche mit der Hausleitung geben. Entweder, die Spiegel werden zur Stichwahl am 30. März abgeklebt oder abgehängt. Falls das nicht möglich sein sollte, werden sich Günther und seine Helfer nach einem anderen Raum umsehen müssen.

Denn dieser Fall habe schon "eine neue Qualität", selbst für ihn. Bislang war er davon ausgegangen, dass es Spiegel an der Decke "nur in bestimmten Etablissements" gibt. Aber dort würde das Kreisverwaltungsreferat normalerweise auch keine Wahlkabinen aufstellen.

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Quelle:
SZ vom 21.03.2014
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