Süddeutsche Zeitung

Obersendling:So soll Wohnen auf dem Campus Süd aussehen

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Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Mindestens 1000 Wohneinheiten in sieben zwölfgeschossigen Hochhäusern und mehreren fünfgeschossigen Gebäuderiegeln, dazu Geschäfte, Kitas und Gemeinschaftseinrichtungen - das geplante Neubaugebiet Campus Süd auf dem ehemaligen Siemens-Gelände in Obersendling weist beeindruckende Dimensionen auf. Entwickelt wird zugleich die Umnutzung des ehemaligen Bürohochhauses an der Baierbrunner Straße 54.

Ehe der Stadtrat das Gesamtkonzept endgültig beschließt, ist jetzt der Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln aufgerufen, dazu eine Stellungnahme abzugeben. Abgesehen von der SPD fühlten sich die BA-Fraktionen bei der jüngsten Sitzung damit einstweilen überfordert - zu viele Fragen sind aus ihrer Sicht noch offen. Das endgültige BA-Statement wurde deshalb vertagt. Es deutet sich aber bereits an, dass die Stadtbezirksvertreter vor allem beim Verkehr und bei der Nahversorgung gravierende Restprobleme sehen.

Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat dem BA eine umfängliche Dokumentation der Campus Süd/Hochhaus-Planung und ihrer Vorgeschichte an die Hand gegeben. Das Konzept basiert auf einem Entwurf des Architekturbüros Rapp+Rapp mit Lützow 7, der siegreich aus einem städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb hervorgegangen ist. Von der Gebäudeanordnung bis zur Einbettung in den wertvollen Baumbestand, von der Situierung der Kindertagesstätten bis zur Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben befand die Jury die Vorlage als schlüssig.

Der Beitrag bekenne sich bewusst "zum urbanen Wohnmilieu des städtischen Wohnungsbaus am Beginn des 21. Jahrhunderts", rühmen die Juroren. Auch die schwierige Aufgabe, das leer stehende, aus den Sechzigerjahren stammende Siemens-Bürohochhaus nach zeitgemäßen Standards in ein Wohngebäude mit 270 Einheiten zu verwandeln (Entwurf: Meili, Peter Architekten) werde beispielhaft gelöst. "Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Architekten eine wohldurchdachte Abwägung zwischen den Eingriffen in die alte Bausubstanz und dem sich daraus ergebenden Mehrwert getroffen haben", heißt es im jetzt freigegebenen Protokoll der Jurysitzung zum Thema Siemens-Hochhaus.

Die Immobilie mit Landmarkencharakter gehört seit Kurzem der Firma Isaria Tower GmbH; sie hat das Hochhaus von der PBS Immobilien GmbH, einem Unternehmen der Hubert Haupt Immobilien Holding, übernommen. Ursprünglich sollte sie als modernes Büro- und Dienstleistungszentrum fit gemacht werden. Doch weil in München ein Überangebot an hochwertigen Gewerbeflächen besteht und eine entsprechende Nachfrage fehlt, wurde zuletzt eine Wohnnutzung angestrebt. Dies decke sich mit dem Ziel der Stadt, dem anhaltend hohen Bedarf an Wohnraum "mit der aktiven Ausweisung" entsprechender Flächen zu begegnen.

Während Wettbewerbsjury und Planungsreferat die "Revitalisierung einer Gewerbebrache", hohe architektonische Qualitätsansprüche und nicht zuletzt die sozialgerechte Bodennutzung mit 30 Prozent geförderten beziehungsweise sozialorientierten Wohnungen betonen, herrschen unter BA-Mitglieder durchaus Zweifel an Details der Umstrukturierung des Bereichs nördlich der Siemensallee und westlich der Baierbrunner Straße. Nachzulesen sind diese etwa im Positionspapier der SPD-Fraktion.

Die Sozialdemokraten erinnern eingangs daran, dass der BA sich stets gegen eine Wohnraumnutzung des Siemens-Hochhauses ausgesprochen habe, unter anderem, weil er Wohnungen in reiner Nordlage für ungeeignet hält. Zusätzlich bemängelt wird, dass bei der Freiflächengestaltung am Hochhaus die Ergebnisse eines Windgutachtens ignoriert würden und eine gastronomische oder sonstige öffentliche Nutzung der obersten Geschosse sowie der Dachfläche in der aktuellen Vorlage nicht mehr vorkomme.

Ein Dorn im Auge ist der SPD ferner die Planung von Läden ausschließlich an der Baierbrunner Straße. Dadurch würden für viele künftige Bewohner des Campus Süd die Fußwege weit. Als "mangelhaft" stuft die Fraktion um Dorle Baumann die Erschließung der gesamten Wohngebiete zwischen Wolfratshauser Straße und Hofmannstraße durch öffentliche Verkehrsmittel ein. Die U 3 und die S 7 seien störanfällig und an der Belastungsgrenze, die Buslinie 136 lediglich als deren Zubringer konzipiert. Deshalb sei eine Trassenführung für eine Trambahn West über den Haltepunkt Aidenbachstraße hinaus "ernsthaft zu untersuchen".

Kritisch interpretiert die SPD auch die Aussagen zu den sozial geförderten Wohnungen. Diese müssten im gesamten Planungsgebiet besser verteilt werden, damit es nicht zur "Ghettoisierung" kommt, lautet ihre Forderung. Unklar sei, ob das München-Modell auch im Siemens-Hochhaus voll und ganz zur Geltung komme.

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SZ vom 08.10.2015
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