Süddeutsche Zeitung

Obermenzing:Marathon-Match

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Zwei Millionen Euro hat das neue Vereinshaus des Tennisclubs Blutenburg gekostet. Von der Stadt und dem Landessportverband gab es Zuschüsse, besonders stolz ist der TSC aber auf die Ausdauer und Leistung der Mitglieder

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing

"Ich hätte gerne noch einen von denen", sagt der kleine Gast und deutet auf den Inhalt einer Bonbonniere auf der Restaurant-Theke. Sie ist mit Kaugummis in Tennisball-Optik gefüllt. Daniela Roch fischt eine der neongelben Kugeln für den Jungen heraus. An diesem Vormittag ist einiges los auf der Terrasse der neuen Vereinsgaststätte "Finesse" des Tennisclubs Blutenburg (TBC), die sie zusammen mit ihrem Mann Daniel betreibt. Die Teilnehmer eines Kinder-Feriencamps schlagen echte Bälle auf den Plätzen und in der Halle mit dem Ziegelmehlboden an der Meyerbeerstraße.

Clubvorsitzende Eva-Maria Steiner und Vorstandsmitglied Max Högn sehen dem Treiben gelassen zu. Um den Tennisnachwuchs machen sie sich ohnehin keine Sorgen, 250 Kinder und Jugendliche spielen in ihrem Verein, der insgesamt 700 Mitglieder zählt und damit bayernweit im Tennisbereich an vierter Stelle rangiert, was den jährlichen Mitgliederzuwachs angeht. 2017 etwa kamen - saldiert- 98 neue Spieler hinzu. Die Zufriedenheit aber, die Steiner und Högn ins Gesicht geschrieben steht, rührt hauptsächlich daher, das der boomende Verein nun endlich über dieses neue Clubhaus verfügt. Nach mehrjähriger Planung und knapp zehn Monaten Bauzeit konnte es im Juni eröffnet werden. Rechtzeitig zum 85. Geburtstag des Vereins, der 1933 unter dem Dach des Turn- und Sportvereins Obermenzing gegründet worden war. Die alte Vereinsfahne hat die Jahre überdauert, der Gobelin hängt nun hinter Glas im neuen, hellen Treppenhaus des Clubhauses.

Zwei Millionen Euro, erzählt Eva-Maria Steiner, habe der Bau gekostet. Eine gewaltige Summe sei das für einen Sportverein, den man sich laut Max Högn als ein "mittelständisches Unternehmen" vorstellen muss. Eine Firma allerdings ohne hauptamtlichen Manager, geführt allein von seinen vier Ehrenamtlichen im Vorstand. Nur der Hausmeister sei fest angestellt, der auch der Wart ist für die zehn Außenplätze, die zwei festen Hallenplätze und im Winter die zwei zusätzlichen Plätze der Traglufthalle. Die schwierigste Phase, erzählt Högn, sei die Planung gewesen, 2011 sei es es zunächst um die Frage gegangen: Umbau, Sanierung oder Neubau? Man entschied sich für den Abriss des Vereinshauses aus den Siebzigern.

Auf der Website des Tennisclubs kann man ausführlich nachlesen, was die beiden Vorsitzenden buchstäblich en passant bei der Besichtigung des Neubaus nur kurz anreißen: Dass man den Architekten habe austauschen müssen, weil der sich bei der Kalkulation verrechnet hatte. Was so gesehen etwas ungünstig gewesen sei, weil die Zuschüsse auf Basis von 1,4 Millionen Euro berechnet wurden: Von der Landeshauptstadt und vom Bayerischen Landessportverband gab es insgesamt 600 000 Euro, vom Bezirksausschuss 7500 Euro. Der Rest wird mit Krediten, Eigenmitteln und Spenden finanziert. Die Spendenuhr zeigt dieser Tage auf knapp über 61 400 Euro. Ohne das Engagement der Mitglieder, so hört man aus den Erzählungen der beiden heraus, wäre das Projekt nicht zu stemmen gewesen. Die Leute hätten nicht nur zugepackt, wann immer es notwendig gewesen sei, auch die gesamte Einrichtung des Restaurants, das im übrigen auch externen Gästen offenstehe, sei gespendet worden. Eva-Maria Steiner sieht in der Gaststätte, an deren Wänden großformatige Schwarzweiß-Aufnahmen aus der Vereinsgeschichte hängen, nicht nur das Herzstück des Vereins. Das Restaurant wie das gesamte Clubhaus seien auch Treffpunkt für das Stadtviertel. So könnten im Jugendraum im ersten Stock, der mit Fitnessgeräten bestückt werden soll, an den Vormittagen auch Kurse wie etwa Yoga angeboten werden. Einen weiteren Raum, von dessen Dachterrasse aus man einen Blick über das Geschehen auf den Tennisplätzen hat, will der Verein ebenfalls für Veranstaltungen im Viertel zur Verfügung stellen.

Wenn man Max Högn fragt, ob ihn die Bankkredite manchmal schlaflose Nächte bereite, dann schüttelt er sehr entspannt den Kopf. Die Zukunft scheint auf sichere Gleise gesetzt beim Tennisclub Blutenburg. Auch deshalb, weil die Stadt dem Verein das Erbbaurecht für das Gelände bis zum Jahr 2066 verlängert hat.

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Quelle:
SZ vom 20.08.2018
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