Süddeutsche Zeitung

Oberlandesgericht:Lügenpapst vor Gericht

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Professor Jack Nasher gilt als einer der führenden Verhandlungsexperten. Jetzt kämpft er in zweiter Instanz gegen die Vorwürfe einer Journalistin

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Deutschlands bekanntester Lügenexperte." Wer mit diesem Prädikat in der Öffentlichkeit steht, sollte eine ganz besonders weiße Weste haben. Jack Nasher kämpft gerade in der zweiten Instanz darum. Der Mann wird von der Redneragentur "Speakers Excellence" so angekündigt: "Wirtschaftspsychologe, Jurist und internationaler Bestsellerautor."

Sein aktuelles Buch heißt "Entlarvt!" Es zeigt laut Klappentext die effektivsten Verhörtechniken der psychologischen Forschung und internationaler Geheimdienste. Mit diesem Buch erlerne jedermann die wichtigsten Merkmale, um "Lügen zu durchschauen".

Jack Lord Nasher Awakemian-Doerr, wie der Professor der Munich Business School mit komplettem Namen heißt, gilt als einer der führenden Verhandlungsexperten und sozusagen als Lügenpapst. Die Journalistin Bärbel Schwertfeger zweifelt seine Qualifikation in ihren Artikeln jedoch massiv an: Nasher schmücke sich mit falschen Federn - der Mann habe kein abgeschlossenes Psychologie-Studium, denn es gäbe generell kein Magister-Studium in Psychologie. Am Dienstag wurde vor dem Pressesenat am Oberlandesgericht München verhandelt.

Wie oft im Presserecht geht es auch in diesem Fall um Wortklauberei: Was ist eine Tatsachenbehauptung, was eine Meinungsäußerung? "Der Begriff der Tatsache ist schillernd", sagte einer der Richter sibyllinisch. Und doch traf er damit ins Schwarze. Denn irgendwie haben offenbar beide Seiten recht - es kommt nur darauf an, wie man einzelne Sachverhalte verstanden wissen will.

Nasher hat ein Urkunde, die ihm bescheinigt, dass er an der Uni Trier "die Magisterprüfung in den Fächern Philosophie (1. Hauptfach) und Psychologie (2. Hauptfach) bestanden" habe: "Ihm wird hiermit der Grad eines Magister Artium verliehen." Schwertfeger benennt diese Umstände, sieht in diesem Abschluss aber kein ordnungsgemäßes Psychologie-Studium; daher dürfe er sich nicht als Wirtschaftspsychologe bezeichnen.

In erster Instanz vor dem Landgericht München I wurde ihr das weitgehend untersagt. Der OLG-Pressesenat deutet an, dass im Kontext betrachtet die Journalistin ihren Lesern gerade noch ausreichend die Fakten beschrieben und dazu ihre Meinung kund getan habe. Der Senat tendiert offenbar dazu, dies als ausreichend zu betrachten und das Urteil der ersten Instanz abzuändern. Nasher protestierte: "Es geht nicht darum, ob ich mich verletzt gefühlt habe, sondern es wurden falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt." Das Gericht hat bei Redaktionsschluss noch keine Entscheidung verkündet.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2016
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