Süddeutsche Zeitung

NullAchtNeun:Präsidenten und Preißn

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In dieser Woche gab es solches Lob für die Stadt von hoher Prominenz, dass der Münchner als solcher schon wieder sagt: "Ah, geh weida, so is ja a wieda ned."

Karl Forster

Es war dies dann doch noch eine Woche des Glücks für München. Zum einen konnte der Chef der Stadt den ungeliebten Landtagsgenossen wegen ihrer Flughafenstartbahnablehnung eines auf die Nuss geben ("absolut irrelevant"), was seine Laune bekanntermaßen auf Ozapft-is-Niveau hebt.

Zum zweiten verkündete Münchens neuer Wirtschaftsreferent, die Stadt sei gegen die Krise gewappnet, was wahrscheinlich an der derzeit üblichen Abkassierpraxis liegt, in den Parkzonen Autos, die einen gelösten Parkschein überziehen, mit 25 Euro zu bestrafen, wogegen die wenigen Kühnen, die überhaupt keinen Schein ziehen, nur deren fünf berappen müssen. Drittens, und das übertrifft die Dimension von Bayern-SPD und Parkschein-Stadtsäckelauffüllung um ein Vielfaches, gab es solches Lob für die Stadt von hoher Prominenz, dass der Münchner als solcher schon wieder sagt: "Ah, geh weida, so is ja a wieda ned."

In Bayern soll kein Preuße sterben

Es muss an dieser Stelle ein schlechter Witz erzählt werden, abgeschwächt und FSK-tauglich, weil ja auch junge Leser gewonnen werden sollen. In Bayern, so sagt man, solle kein Preuße sterben (im O-Ton ist vom Preißn die Rede, und vom "daschlogn"), weil dann hundert Preußen zur Beerdigung kämen und 99 von denen dann blieben, weil es so schön ist hier.

Nun ist es weder der Bundeskanzlerin, deren Heimat, die Ostseeküste, ja auch ihre Reize hat, noch dem russischen Staatspräsidenten, der immerhin auf St. Petersburg zurückgreifen könnte, zuzutrauen, dass sie sich demnächst in München niederlassen. Frau Merkel hat in Berlin gut zu tun und gedenkt, dies fortzusetzen. Und Dmitrij Anatoljewitsch Medwedjew, dessen Name angeblich Bär bedeutet, weiß spätestens seit Bruno, wie man mit Bären hierzulande umgeht, schließlich gibt Stoiber ja noch immer Ratschläge, auch wenn sie keiner braucht.

Trotzdem bleibt der Satz, gesprochen von unser aller Kanzlerin zu dem Russen, der ganz und gar nicht widersprechen wollte, im Herzen eingraviert: "Wenn es Ihnen in München nicht gefällt, dann weiß ich nicht, wo es Ihnen in Deutschland gefallen soll." Es wäre nun allzu einfach, diese Worte den Hamburgernberlinernkölnern hinzureiben, da ist der Münchner dann doch zu bescheiden. Es mögen vielleicht Kleingeister darauf verweisen, dass der Satz in Oberschleißheim gefallen ist, was nur temporär (ja, gerade jetzt!) zu München gehört.

Ein gewisses Neidgefühl

Und sie könnten den Verdacht äußern, diverse Großfamilien aus Medwedjews Land hätten sich längst in der schönen Stadt eingenistet. Auch könnte man ob der Überschwänglichkeit der Formulierung anmerken, Merkel wolle vielleicht nur den wadelbeißerischen Wackeldackel Seehofer ruhigstellen. Aber schließlich kommt der aus Ingolstadt, aus einem Ort also, der schon immer ein gewisses Neidgefühl gegenüber der großen Schönen im Süden gepflegt hat, womit also das Ruhigstellen eher nach hinten losgehen könnte.

So gilt das gesprochene Wort. Ude wird es gebrauchen können beim nächsten Treffen mit den Genossen aus dem Maximilianeum (schöne Stadt, viele Besucher, dritte Startbahn), der Wirtschaftsreferent freut sich über jene Touristen, die mit dem Auto kommen, weil im Flieger kein Platz mehr war, und nun kräftig Strafzettel kassieren. Und der schlechte Witz wird wieder Konjunktur haben in einer neuen Variante, dass man künftig auch keine Russen mehr, nun ja, daschlogn dürfe, weil sonst... Aber die sind ja auch schon da. Es war also eine schöne Woche, auch wenn es am Samstag regnet.

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SZ vom 18.07.2009
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