Süddeutsche Zeitung

Neuhausen:Treffpunkt der Weißen Rose unter Denkmalschutz gestellt

Lesezeit: 2 min

Von Alfred Dürr, Neuhausen

Die Villa in der Prinzenstraße 30, die nach Absicht des Eigentümers einem Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage weichen soll, steht nun unter Denkmalschutz. Das Gebäude aus dem Jahr 1911 spiegele kaleidoskopartig wichtige künstlerische, gesellschaftliche und geschichtliche Entwicklungen in München wider, sagt Generalkonservator Mathias Pfeil. Die Nachbarn an der Prinzenstraße begrüßen die Entscheidung des Landesamts für Denkmalpflege. "Wir bleiben aber trotzdem sehr wachsam, damit das Haus nicht doch noch in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgerissen wird", sagte der Sprecher der Anwohner, Egon Minar.

Denkmäler wie diese Villa sind für Bayerns obersten Denkmalpfleger Mathias Pfeil authentische Zeugnisse der Vergangenheit, "deren Erhalt erst Geschichte sichtbar werden lässt". Gerade die Prinzenstraße 30 "mit ihrem bewegten Leben zwischen Kunst und Widerstand gegen ein Terrorregime", ist für Pfeil ein wichtiges Beispiel. Dieses zeigt seiner Ansicht nach, wie wichtig es ist, Überlieferungen "nicht nur in textlicher Form zu haben, sondern sie als authentische Orte der Geschichte auch greifbar erleben zu können".

Entworfen wurde das Haus von den Architekten Hans Hartl und Johann Baptist Schmidbauer für den namhaften Maler Richard Benno Adam (1873 bis 1937) als Wohngebäude mit Atelier. In der Villa entstanden zahlreiche Werke Adams, darunter Porträts und Pferdebilder. Später trafen sich führende Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose in der Prinzenstraße 30, um dort unter anderem Material zu lagern und ihre Aktionen gegen das Nazi-Regime zu koordinieren.

Schließlich ist die Villa für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege auch wegen ihrer Architektur bedeutsam. Der im sogenannten Reformstil gestaltete Bau zeichnet sich nach Angaben des Amts speziell durch eine reduzierte Gliederung aus. Dieser Stil ist auch prägend für weitere Bauwerke im Bereich des Rondells Neuwittelsbach. Für die Prinzenstraße 30 gilt aber auch der Grundriss als bedeutsam. Für die Zeit um 1910 zeichnet sich eine Entwicklung ab, die den Verzicht auf eine repräsentative Erschließung mit sich bringt, heißt es dazu.

In seinem Volumen und Erscheinungsbild ist das Gebäude bereits geschützt, da es im Ensemble Villenkolonie Rondell Neuwittelsbach liegt. Mit der Eintragung als Einzeldenkmal wird es jetzt aber noch sehr viel schwerer, grundlegende Veränderungen vorzunehmen. Seit Anfang des Jahres liegt der Stadt ein Abbruchantrag für das Haus vor. Das Gebäude solle aus Profitgier zerstört werden, sagt Nachbar Egon Minar. Ihn und seine Mitstreiter beunruhigt außerdem, dass bereits Bäume auf dem Grundstück schwer beschädigt wurden. Die Stadt hat deswegen ein Bußgeldverfahren gegen den Eigentümer eingeleitet.

Die Anwohner fürchten nach wie vor, dass die Villa das gleiche Schicksal ereilen könnte wie das denkmalgeschützte Uhrmacherhäusl in Giesing. Der illegale Abriss sorgte weit über die Stadtviertel-Grenze hinaus für Empörung. "Wir bewachen quasi Tag und Nacht das Haus, damit sich der Vorfall nicht wiederholt", sagt Minar.

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Quelle:
SZ vom 28.04.2018
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